Das Ende der Ära Berlusconi ist gekommen: Er tritt ab

Nachdem der Premier keine Mehrheit mehr hat, wird er gehen. Zuvor will er aber noch ein Konjunkturpaket verabschieden.

Das Ende der Ära Berlusconi ist besiegelt: Der Premier verfügt seit Dienstag nicht mehr über die Mehrheit im Parlament, seine eigenen Leute verweigerten ihm die Gefolgschaft. Ein kritisches Votum über seinen Rechenschaftsbericht 2010 kam in der Abgeordnetenkammer in Rom zwar wegen taktischer Stimmenenthaltungen durch, doch stimmten nur 308 der Abgeordneten dafür, die absolute Mehrheit liegt bei 316 Stimmen.

Ungläubig und erstaunt fixierte Berlusconi nach dem Votum einen Moment lang den Videoschirm mit den ausgezählten Stimmen, die bei 308 stoppten. Er fühle sich betrogen und im Stich gelassen, sagte er in einer ersten Reaktion gegenüber Eingeweihten. In einem TV-Interview räumte er wenig später das Ende seiner Regierung ein. "Die Regierung hat nicht mehr die Mehrheit, die wir zu haben glaubten. Wir müssen diese Situation zur Kenntnis nehmen und uns um die Lage Italiens kümmern und um das, was auf den Finanzmärkten geschieht."

Berlusconi beriet mit seinen engsten Vertrauten, darunter dem Chef seiner Partei "Volk der Freiheit" (PdL), Alfano, Staatssekretär Letta und Innenminister Maroni, über das weitere Vorgehen. Das Abstimmungsergebnis beflügelte die Aktien der Mailänder Börse. Die Kurse schnellten sofort um 2,41 Prozent nach oben, später reagierte auch die New Yorker Börse positiv.

Taktik ging nicht auf

Berlusconis übliche Taktik, in letzter Minute genügend Parlamentarier aufzutreiben, um sich bei der Abstimmung über Wasser zu halten, ging diesmal nicht auf. Gleich elf Parlamentarier aus der Mitte-rechts-Koalition, fünf davon aus Berlusconis Partei, kehrten dem Cavaliere den Rücken. Darunter Ex-Freunde wie Roberto Antonione, Fabio Fava, Gennaro Malgieri, Giustina Destro und der derzeit unter Hausarrest stehende Alfonso Papa. Und Stunden vor der Abstimmung hatte selbst sein wichtigster Bündnispartner, Lega Nord-Chef Umberto Bossi, Berlusconi zum Rücktritt gedrängt.

Gang zum Präsidenten

Nach der Abstimmung machte sich der Cavaliere auf den Weg zu Staatspräsident Napolitano. Und danach verkündete dessen Sprecher, worauf Italien und Europa so lange gewartet hatten: Berlusconi werde als Premier zurücktreten. Zuvor aber wolle er noch ein Konjunkturpaket und ein neues Haushaltsgesetz unter Dach und Fach bringen. Dabei wolle Napolitano den Vorschlägen und Positionen der politischen Kräfte in Italien "höchste Aufmerksamkeit" widmen, hieß es.

Wie es in Rom konkret weitergehen würde, darüber konnte Dienstagnacht nur spekuliert werden. Silvio Berlusconis Vertraute hatten noch vor dem Parlamentsvotum für eine neue, um die christdemokratische Oppositionspartei UDC erweiterte Regierung unter Staatssekretär Letta bis zum Ende der Legislaturperiode 2013 plädiert. Der 76-jährige Jurist genießt selbst in den Reihen der Opposition ein positives Image. Letta könnte, so hieß es, auch den Weg bereiten für Berlusconis Nachfolger, PdL-Parteichef Alfano. Der 40-jährige setzte sich als ehemals jüngster Justizminister dafür ein, den scheidenden Premier, gegen den mehrere Prozesse etwa wegen Korruption laufen, durch die Einführung von Immunitätsgesetzen vor Gerichtsverfahren zu schützen.

Opposition für Montezemolo

Die Opposition konnte sich Ex-EU-Währungskommissar Monti oder Ferrari-Präsident Cordero di Montezemolo als Chef einer italienischen Notstandsregierung vorstellen.

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