Christ schafft es in türkisches Parlament

Christ schafft es in türkisches Parlament
Anwalt Dora räumt im Gespräch mit dem KURIER ein: "Nicht-Türken haben es schwer."

Zwei Generationen lang musste die christliche Minderheit in der Türkei warten, ehe es – nach 60 Jahren – einer aus ihren Reihen wieder ins Parlament schaffte. Im Vorjahr war es so weit: Der assyrische Anwalt Erol Dora schaffte als Kandidat der Kurdenpartei BDP ein Direktmandat. Im Gespräch mit dem KURIER spricht er von einem "historischen Schritt".

"Nicht-Muslime und Nicht-Türken (er verweist auf die Kurden, Anm.) haben es in meiner Heimat doppelt und dreifach schwer", betont der Jurist, der angetreten ist, das zu ändern. "Derzeit haben wir einen sunnitischen Zwangsreligionsunterricht. Das muss sich ändern. Alle Bürger müssen die gleichen Rechte haben – ungeachtet ihrer religiösen und ethnischen Zugehörigkeit."

Spielraum für Verhandlungen

Dora setzte auf die derzeit in Ausarbeitung befindliche neue Verfassung – auch was das Kurden-Thema anbelangt. Positiv wertet der Anwalt, dass Premier Erdogan Verhandlungen mit der BDP über diese Causa in Aussicht gestellt hat. "Dafür brauchen wir aber mehr Spielraum. Derzeit sind sechs u­nserer Mandatare in Haft, insgesamt sitzen mehr als 7000 kurdische Aktivisten, Frauen- und Menschenrechtler in den Gefängnissen."

Eine Lösung des Problems – die Kurden-Guerilla PKK kämpft seit fast drei Jahrzehnten für mehr Autonomie für die mindestens 15 Millionen türkischen Kurden – sei aber ohne Einbeziehung des inhaftierten PKK-Führers Öcalan nicht möglich. "Für einen sinnvollen Dialog muss es zuerst einen Waffenstillstand geben. Und da spielt Öcalan eine zentrale Rolle", betont Erol Dora.

Das Selbstbestimmungsrecht der Kurden müsse endlich kommen, fordert der Abgeordnete – mit echter Autonomie, Regionalparlamenten und muttersprachlichem Unterricht in allen staatlichen Schulen mit hohem Kurdenanteil. Nur so könne der Konflikt beigelegt werden, "was entscheidend für die friedliche Zukunft der Türkei ist".

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