China: Kritikern droht Geheimarrest

China: Kritikern droht Geheimarrest
Der Volkskongress gibt der Polizei große Vollmachten gegen Regimegegner. Menschenrechtler protestieren scharf.

Zwei Monate lang wurde Ai Weiwei im Vorjahr wegen regierungskritischer Äußerungen an einem geheimen Ort festgehalten. Der berühmte Künstler weiß also genau, wovon er spricht, wenn er das neue chinesische Strafverfahrensrecht scharf kritisiert: "Es wird der Polizei sehr viele Vorwände liefern, bei der Umsetzung rechtswidrig zu handeln. Und es wird Panik in der Gesellschaft auslösen", sagte der 54-Jährige am Mittwoch. Das Gesetz widerspreche fundamentalen Menschenrechten und moralischen Grundsätzen.

Zuvor hatten die knapp 3000 Delegierten des Volkskongresses zum Abschluss ihrer Jahrestagung den Sicherheitsorganen weitgehende Vollmachten für Festnahmen und Hausarrest erteilt. Künftig reicht schon der vage Verdacht der "Gefährdung der Staatssicherheit", des "Terrorismus" oder eines größeren Betrugsfalles, um festgenommen und bis zu sechs Monate lang an einem geheimen Ort festgehalten zu werden. Die Maßnahme wird in dem Text als "häusliche Überwachung" bezeichnet. Den Betroffenen kann der Zugang zu ihrem Anwalt verweigert werden, selbst der Familie muss der Aufenthaltsort nicht verraten werden.

Internet-Zensur

Trotz einiger Verbesserungen – wie mildere Jugendstrafen und prinzipiell leichterer Zugang zu Anwälten – hagelte es in chinesischen Internet-Foren Kritik an dem Gesetz. Die Zensoren hatten alle Hände voll zu tun, um Blog-Einträge zu löschen.

Menschenrechtler sprachen von einem "Rückschlag für den Schutz der Bürgerrechte". Die Organisation Human Rights Watch warnte vor einer "großen Gefahr für Kritiker der Regierung und Menschenrechtsaktivisten". In den geheimen Haftorten könnte es leicht zu Folter und Misshandlungen kommen.

Das Strafverfahrensgesetz wurde im Schnellverfahren durchgepeitscht. So mancher Delegierte des Volkskongresses gab offen zu, dass er es nicht verstanden habe. Mit 92 Prozent fiel die Zustimmung – für chinesische Verhältnisse – aber auffallend gering aus.

Auch gegen den Rechenschaftsbericht des scheidenden Premiers Wen Jiabao gab es mit 90 Gegenstimmen und 49 Enthaltungen fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Wegen der globalen Wirtschaftskrise wurde die Wachstumsprognose für 2012 auf 7,5 Prozent heruntergesetzt – der niedrigste Wert seit acht Jahren. Abgesegnet wurde der neue Staatshaushalt, der einen Anstieg der Militärausgaben um 11,2 Prozent auf umgerechnet 80 Milliarden Euro vorsieht.

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