Busunglück: Staatstrauer in Belgien

Busunglück: Staatstrauer in Belgien
Am Vormittag gedenken die Belgier der 28 Toten. Unterdessen belasten Kinder den Unglücks-Fahrer.

Die Belgier gedenken heute der 28 Todesopfer des Busunglücks in den Schweizer Alpen. Um 11:00 Uhr wurde eine Schweigeminute abgehalten, anschließend läuteten im ganzen Land Kirchenglocken. Die Flaggen auf öffentlichen Gebäuden waren auf Halbmast gehisst, wie auch in den Niederlanden und im Schweizer Kanton Wallis, wo der Reisebus am Dienstag auf dem Heimweg von einem Skiurlaub in einem Tunnel verunglückt war. Die meisten Busse und Trambahnen in der belgischen Hauptstadt Brüssel stoppten um 11:00 Uhr ihre Fahrt. Rundfunk- und Fernsehsender blieben für eine Minute still. Auf den Straßen blieben viele Menschen stehen. Staatstrauern sind in Belgien selten. So hatte 1993 das ganze Land den Tod des Königs Baudouin betrauert.

22 der Todesopfer waren Kinder im Alter von etwa zwölf Jahren aus zwei Schulen im flämischen Teil Belgiens. Die Regierung hat drei Flugzeuge in die Schweiz entsandt. Sie sollen heute mehr als 100 Angehörige sowie einige der 24 verletzten Kinder und die Särge mit den 28 Toten nach Brüssel bringen.

Die Nachricht wurde in Belgien wie eine Staatskatastrophe aufgenommen. Ministerpräsident Elio Di Rupo sprach von „einem sehr traurigen Tag für Belgien“. Die Regierung tue alles, um den Opfern und deren Angehörigen zu helfen. Kronprinz Philippe und seine Frau Mathilde schrieben in einer Mitteilung, das Unglück treffe sie auch deshalb sehr, da sie selbst Eltern seien.

Suche nach Ursache

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Nach dem tragischen Busunglück mit 28 Todesopfern laufen die Ermittlungen zur Unfallursache in der Schweiz auf Hochtouren. Eine Norm, die rechtwinklige Mauern für Pannenbuchten vorsieht, müsse möglicherweise geändert werden, erklärte ein Sprecher des Schweizer Straßen-Bundesamtes am Donnerstag. Eine belgische Zeitung berichtete unter Berufung auf überlebende Schüler, der Busfahrer habe zum Unfallzeitpunkt eine DVD wechseln wollen.

Angesichts des Unfalls sei "nicht ausgeschlossen, dass etwas neu diskutiert oder geändert wird", sagte Straßen-Bundesamtssprecher Antonello Laveglia. Der Schweizer Tages-Anzeiger kritisierte, nur durch die Form der Pannenbucht sei es möglich gewesen, dass der Bus frontal gegen die Mauer prallte. Der Nationalrat des Kantons Wallis, Oskar Freysinger, schloss ebenfalls nicht aus, "dass bei diesen Ausweichstellen die Mauern anders gebaut werden müssen".

Identifikation der Opfer

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Viele Kinderleichen waren so verstümmelt, dass man sie nur schwer identifizieren konnte. Mütter und Väter mussten am Donnerstag diese traurige Arbeit übernehmen. Sie wurden dabei von Traumaspezialisten begleitet. Die Schweizer Polizei versuchte, die Fotografen auf Abstand zu halten, und schirmte das Hotel ab, in dem die Angehörigen untergebracht waren.

Wer wollte, konnte auch die Unglücksstelle im Tunnel besuchen. Einige Eltern legten dort Blumen und Briefe ab. Ihr Leid ist unvorstellbar, der schlimmste Schicksalsschlag, der Eltern treffen kann. Danach besuchten sie die Kapelle am Friedhof von Sion, wo die Toten aufgebahrt wurden.

Besser ging es all jenen Eltern, die ihre verletzten Kinder umarmen konnten. Von diesen 20 Kindern erlitten manche mehrfache Knochenbrüche, doch die meisten sind transportfähig und sollen möglichst rasch nach Belgien geflogen werden.

Der Zustand von drei Kindern ist äußerst kritisch. Sie liegen in der Uniklinik Lausanne im künstlichen Tiefschlaf. Die Ärzte wagen keine Prognose. Ein weiteres schwer verletztes Kind liegt im Berner Inselspital. Es wird überleben.

28 Tote

Unter den Todesopfern sind 15 Schüler der Grundschule in Lommel und sieben Schüler der Sint-Lambertus-Schule in Heverlee. Weiters zwei Lehrer, zwei Betreuer und zwei Chauffeure. Meester Frank, der beliebte Klassenlehrer der 11- und 12-jährigen Kinder aus Heverlee, ist auch unter den Opfern. Sein Blog wurde Mittwochfrüh von der Homepage der Schule genommen, da die darin zum Ausdruck gebrachte Fröhlichkeit der Kinder während der Skiwoche "nicht auszuhalten" sei. Im letzten Online-Eintrag schreibt ein Mädchen: "Tag, Mama und Papa. Hier ist alles sehr gut. Sorgt gut für L. Und Grüße an Oma und Opa. Bis morgen Nacht!"

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Immer gegen die Deutschen!

Zu schnell?

Das schwere Busunglück passierte am Dienstagabend um 21.15 Uhr. Der Reisebus mit 52 Insassen rammte anscheinend einen Randstein in der Tunnelröhre und wurde frontal gegen eine Nothaltestelle an der gegenüberliegenden Wand geschleudert. In der Tunnelröhre gibt es keinen Gegenverkehr und auch kein anderes Fahrzeug war in den Unfall involviert. Vermutet wird, dass der Fahrer zu schnell war.

Der vordere Teil des Fahrzeugs wurde zerfetzt und zerquetscht. Da die Kinder im Bus nicht angeschnallt waren, flogen sie durch die Trümmer. Die 200 Rettungskräfte mussten die Seitenteile des Fahrzeugs aufschneiden, um die Opfer bergen zu können. Sanitäter, Polizei und Feuerwehrleute waren die ganze Nacht im Einsatz und sichtlich gezeichnet.

Mit allen verfügbaren Rettungshubschraubern wurden die Verletzen auf Krankenhäuser aufgeteilt, drei Kinder schweben in Lebensgefahr und liegen im künstlichen Koma in einer Klinik nach Lausanne. Im Bundesrat in Bern wurde in einer Trauerminute der Opfer gedacht.

Reisetagebuch

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In ihrem Internet-Reisetagebuch hatten die Kinder wenige Tage vor dem Unglück noch von „echten Superferien“ geschrieben. Der letzte Eintrag vom Unglückstag am 13. März: „Bettzeug zurückgeben, Frühstück, Souvenirs kaufen, Mittagessen, Ski fahren (das letzte Mal!), Kaffee und duschen (wenn noch Zeit ist?), Aushändigung Skizeugnisse, Verladen des Gepäcks, Abendessen und Einpacken des Lunchpakets, Abreise nach Belgien.“

(Das Forum wurde wegen der aufkommenden Spekulationen über die Unfallschuld der Lenker geschlossen. Die Pietät sollte hier vorgehen. - die Red.)

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