Briten: „Wir treiben mitten im Atlantik“

Briten: „Wir treiben mitten im Atlantik“
In Großbritannien sorgt das EU-Veto für eine immer tiefere Spaltung der Regierung.

Die Jubelrufe waren programmiert. Noch bevor David Cameron Montag Nachmittag vor das Londoner Unterhaus trat, war ihm die lautstarke Unterstützung seines rechten Parteiflügels sicher. Das dort versammelte Spektrum von EU-Skeptikern bis hin zu fanatischen Europa-Gegnern war fest entschlossen, den Premier für seine Haltung auf dem EU-Gipfel in Brüssel zu feiern. Mit seiner Weigerung, die Sparpläne der Euro-Zone zu unterstützen, so der einhellige Tenor, habe er den britischen Finanzmarkt vor dem Zugriff der EU-Bürokraten geschützt und den auf der Insel so geschätzten „Bulldoggen-Kampfgeist“ bewiesen.

„Was hat das mit Kampfgeist zu tun“, ärgerte sich dagegen Nick Clegg, Chef des liberalen Regierungspartners, in der BBC , „wenn wir mir mitten im Atlantik treiben, ohne einflussreiche Position in Europa – und von Washington erst recht nicht ernst genommen?“

Spät, aber dafür umso heftiger war Clegg auf Kollisionskurs mit dem Premier und seinen Konservativen gegangen. Hatte er gleich nach dem Gipfel noch mit zusammengebissenen Zähnen die „Einigkeit“ der Koalition beschworen, war Clegg übers Wochenende immer mehr unter Beschuss aus den eigenen Reihen gekommen.

"Außenpolitik in den Ausguss geschüttet"

Die traditionell pro-europäischen Liberaldemokraten befürchten, ausgerechnet in jener Regierung zu sitzen, die alle Brücken zum europäischen Kontinent abbricht. „Wir haben einfach 38 Jahre (seit dem EU-Beitritt, Anm.) britischer Außenpolitik in den Ausguss geschüttet“, wütete Ex-Parteichef Paddy Ashdown.

Andere politische Schwergewichte der Liberaldemokraten stellten die Koalition offen infrage. Eine gute Gelegenheit auch für die Labour-Opposition, einen Keil zwischen die Regierungsparteien zu treiben. Parteichef Ed Miliband forderte den Premier auf, doch zu erklären, warum er diesen Schritt gesetzt habe, „der so schlecht für Großbritannien und für britische Jobs war“.

Das Ziel, den Finanzplatz London zu schützen, meinen Labour und die Liberaldemokraten einhellig, sei weiter entfernt denn je. Schließlich sei man jetzt in Finanzfragen nur noch Zuschauer. Cameron gebe sich da fälschlicherweise als Churchill aus, der den siegreichen britischen Alleingang anführe.

Mehrheit gegen Europa

Die Konservativen sehen den Konflikt mehrheitlich gelassen. Es sei nicht der erste Streit mit dem Regierungspartner, und man werde diesen dafür in der nächsten Zeit innenpolitisch punkten lassen. Vor allem aber weiß man bei den Konservativen die Bevölkerung klar hinter sich. Mehr als 55 Prozent der Befragten befürworten in aktuellen Umragen das Veto des Premiers auf dem Gipfel. Zwar sehen die meisten einen schwindenden Einfluss innerhalb der EU, doch der britischen Wirtschaft werde das nicht schaden. Der Premier habe die Interessen seines Landes verteidigt.

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