Breivik-Prozess: Das Trauma der Überlebenden

Breivik-Prozess: Das Trauma der Überlebenden
In den nächsten Tagen sagen Zeugen des Autobomben-Anschlags im Osloer Regierungsviertel vor Gericht aus.

Die Hälfte unserer Bildschirme wurde plötzlich schwarz. Es gab ein tiefes Grollen, das ganze Gebäude wackelte, und die Decke wurde weich wie Wasser." Tor Inge Kristoffersen steht die Furcht noch ins Gesicht geschrieben. Der Sicherheitsbeamte saß an den Bildschirmen, als Anders Behring Breivik am 22. Juli 2011 seinen Anschlag im Regierungsviertel von Oslo verübte. Kristoffersen sah über den Videoscreen, wie das Auto eingeparkt wurde – und ein Mann in Uniform ausstieg. Während er sich noch das Bild näher heranholte, um die Nummerntafel entziffern zu können, explodierte das Fahrzeug. Durch die Wucht der Detonation wurden Trümmerteile Hunderte Meter weit geschleudert, Menschen flogen wie Puppen durch die Luft.

Tor Inge Kristoffersen ist seit dem 22. Juli 2011 traumatisiert. Doch er arbeitet weiter im Regierungsgebäude. Bei seiner Aussage erzählt er von einem Kollegen, der bei dem Anschlag starb. Und er berichtet von Überlebenden, die seither arbeitsunfähig sind.

Seit Dienstag sind im Monsterprozess gegen Anders Behring Breivik die Überlebenden am Wort. Bis 30. April geht es dabei ausschließlich um den Autobombenanschlag in Oslo; von 3. Mai bis 1. Juni wird der Anschlag auf der Insel Utøya vor Gericht behandelt. Dazu sind 46 Überlebende als Zeugen geladen.

Regungslose Miene

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Zum Attentat von Oslo sagte auch der Ingenieur Svein Olav Christensen als Zeuge aus, der ein Bild mit dem zwei Meter breiten Krater zeigte, den die Bombe gerissen hatte. Anders Behring Breivik, der 33-jährige Massenmörder, verfolgte die Aussagen der Zeugen mit nahezu regungsloser Miene. Als der Polizist Thor Langli am Wort war, zeigte der Attentäter erneut ein gehässiges Lächeln – wie schon zu Prozessbeginn. Langli leitete den Einsatz nach dem Bombenalarm; er beschrieb, wie Spezialeinheiten am 22. Juli zunächst nach weiteren Bomben suchten.

Line Narsnaes befand sich in dem Hochhaus, als die Autobombe explodierte. Sie wurde durch einen Holzstab, der sich in ihren Kopf bohrte, schwer verletzt, wie ARD berichtet. Ihre Aussage fürchtete die Frau fast noch mehr als die schwere Operation, der sie sich unterziehen musste: "Wenn ich das Praktische in den Griff bekomme, werde ich vielleicht auch daran denken können, wie ich mich dazu verhalten soll, dass ER im Saal ist. Da muss ich einfach versuchen, mich irgendwie zu sammeln."

"Enttäuscht"

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Vergangene Woche hatte der Attentäter im Prozess betont, er sei vom Anschlag auf das Osloer Regierungsviertel enttäuscht gewesen. Er habe auch das gesamte norwegische Kabinett umbringen wollen. "Idealerweise hätte das Gebäude zusammenstürzen sollen."

Breivik ist des Terrorismus und vorsätzlichen Mordes angeklagt. Er hatte am 22. Juli 2011 insgesamt 77 Menschen getötet und Hunderte verletzt. Acht Personen starben bei der Bombenexplosion in Oslo. Dann tötete der rechtsradikale Islamhasser auf der Ferieninsel Utøya 69 Teilnehmer eines Feriencamps für junge Sozialdemokraten.

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