"Bin das Gegenteil eines Rambo"

"Bin das Gegenteil eines Rambo"
Berufssoldat Duscher über seinen Alltag und Vorurteile gegenüber seinem Berufsstand

Gerald Duscher ist 30 Jahre alt und seit zwei Jahren Zeitsoldat. Er war als Zugsführer bei einem der gefährlichsten Einsätze unserer Soldaten im Kosovo dabei, wo es galt, die Bevölkerung vor mit Waffengewalt ausgetragenen ethnischen Auseinandersetzungen zu schützen.

"Bin das Gegenteil eines Rambo"
Duscher stand an jenem 28. November 2012 in einer Reihe mit seinen Kameraden, in Schutzanzug(Bild)und Schild, wie man es zu Hause von der Polizei bei Demonstrationseinsätzen kennt. Plötzlich detonierte eine Granate. „Es gab einen lauten Knall. Rechts von mir brach Kuddelmuddel aus. Ich wurde etwas nervös, aber nicht unruhig. Darauf kommt es an. Wir sind trainiert darauf, dass so etwas passiert. Hinter mir stand der Kommandant und gab Befehle. In so einer Situation verlässt man sich auf den Kommandanten und führt die Befehle aus.“

Entscheidend, sagt Duscher, ist das Vertrauen zu Kommandanten und Kameraden. Daher werden in die Auslandseinsätze stets Gruppengemeinschaften geschickt, die auch zu Hause miteinander trainieren. Beim Üben ist das Hinterfragen von Vorgesetzten-Anordnungen gewollt. „Da wird immer nach der Meinung gefragt, das bildet das Vertrauen zu den Vorgesetzten. Im Einsatz geht das Hinterfragen von Befehlen natürlich nicht.“

"Bin das Gegenteil eines Rambo"
Duscher ist über seine Sportbegeisterung zum Heer gekommen. Sechs Mal pro Woche betreibt er Hindernislauf, Geländelauf, Scheiben-Schießen, Schwimmen, Granatenwerfen. Hinzu kommen privat Radfahren und Marathonlaufen.

Neben dem Sport macht das Trainieren für den Kampfeinsatz den größten Teil der Arbeitszeit aus: „Wir üben besonders den Häuserkampf und das Entwaffnen militanter Gruppen.“ Vom amerikanischen Waffengesetz hält Duscher daher nichts: „Ich bin dagegen, dass alle Leute bewaffnet sind.“

Kinder in der Kaserne

"Bin das Gegenteil eines Rambo"
Duscher ist verheiratet und hat zwei Mädchen im Alter von 5 und 8. In seiner Kaserne in Ried/Innkreis gibt es einen Kindergarten und Kindertage: „Die Mädchen wissen, was der Papa macht.“ Seine Frau und seine Eltern haben den Kosovo-Einsatz mit „gemischten Gefühlen“ gesehen, „aber ich selbst habe mich gefreut, dass ich dorthin komme, wofür ich ausgebildet bin“. Die Bezahlung im Ausland – 2900 Euro netto im Monat – sei sehr gut, aber „nicht ausschlaggebend, dass ich vom Baugewerbe zum Heer ging“. Wichtiger sei Sport, Kameradschaft, Hantieren mit dem modernen Waffensystem im Schützenpanzer. „Im weitesten Sinn“, sagt Duscher, „bin ich für ein Berufsheer, weil ich überzeugter Berufssoldat bin.“

Dennoch werde er am 20. Jänner für die Wehrpflicht stimmen, weil er glaube, dass der Grundwehrdienst nötig ist, um für Nachwuchs bei den Berufssoldaten zu sorgen. Sollte die Wehrpflicht fallen, müsste das Heer Methoden zum Anwerben von Personal entwickeln. Das Argument der Wehrpflichtbefürworter, Berufssoldaten seien schießwütige Rambos, weist Duscher zurück: „Ich bin das Gegenteil eines einzelkämpferischen Rambo. Ich bin eher wie ein begeisterter Bub in einer Kameradschaft.“

Knapp zwei Wochen sind es nur noch bis zum 20. Jänner 2013. Und das heißt: Endspurt im Schlagabtausch zur Zukunft der Wehrpflicht, über die die Bevölkerung entscheiden soll.

Schon vor Weihnachten starteten die Befürworter rund um den Industriellen Hannes Androsch (www.personenkomiteeunserheer.at) ihre Medienoffensive für ein Berufsheer. Werbespots wurden vorgestellt. Gestern, Freitag, folgte die Initiative der Wehrpflicht-Bewahrer (www.einsatz-fuer-oesterreich.at) Unterstützt von ÖVP-Bundesparteiobmann Vizekanzler Michael Spindelegger und neuen Vertretern des Komitees,wurde in Wien ein Werbefilm vorgestellt.

Hochwasser

Darin geht es um den großen Hochwasser-Einsatz im Jahr 2002. Eine von der Flut betroffene Frau und Mutter, deren Haus stark beschädigt wurde, spricht über die Notwendigkeit schneller Hilfe. Ohne Grundwehrdiener „hätten wir nicht mehr weiter gewusst“, sagt sie.

Spindelegger nützte den Auftritt, um einmal mehr SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos zu kritisieren. Sechs Jahre lang habe Darabos Zeit gehabt, den Grundwehrdienst zu reformieren. Nun brauche er sich nicht darüber beklagen, dass der Grundwehrdienst nicht attraktiv genug sei.

Das Heer der Wehrpflichtigen bezeichnete der ÖVP-Parteichef als „Sicherheitsschule der Republik“, den Zivildienst als „Schule der Solidarität“. Beide seien unverzichtbar. Unterstützt wurde der ÖVP-Obmann von neuen Proponenten des Komitees – darunter der frühere ORF-Nachrichten-Moderator Hans Georg Heinke oder die Psychoanalytikerin Rotraud Perner. Heinke befürchtet, dass bei einem Berufsheer nur jene zum Militär gehen, die sonst nirgendwo unterkommen. Perner sagte, die Wehrpflicht vermittle Solidarität.

Der Verteidigungsminister selbst trat zeitgleich zur Vorstellung der Wehrpflicht-Befürworter in Tirol mit der dortigen Landespartei-Organisation auf.

Bestens gerüstet

Die SPÖ Tirol spricht sich – im Gegensatz zu den Landesparteien in der Steiermark oder in Salzburg – für ein Berufsheer Freiwilliger aus. Darabos griff den von der ÖVP viel zitierten Katastrophenschutz an. Dafür stünden bei seinem Modell ständig 23.000 Soldaten zur Verfügung. „Mit dieser Anzahl sind wir auch für Jahrhundertereignisse bestens gerüstet“, sagte der Minister.

Niederösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll – ein Wehrpflicht-Befürworter – hat am Freitag am Rande einer Klausur seines Regierungsteams dazu aufgerufen, sich an der Volksbefragung zu beteiligen.

Alle Teile der KURIER-Serie zur Wehrpflicht

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