Berlusconi steht doch zu Monti

Berlusconi steht doch zu Monti
In der Nacht hat sich der Cavaliere umentschieden: Er will eine neue Regierung unter Leitung des ehemaligen EU-Kommissars unterstützen.

Entgegen seiner vorigen Haltung will der italienische Premier Silvio Berlusconi doch keine sofortigen Parlamentswahlen. Unter dem Druck der Finanzmärkte ist er bereit, eine neue Regierung unter der Führung des ehemaligen EU-Kommissars Mario Monti zu unterstützen. Dies geht aus einem nächtlichen Gipfeltreffen der Koalition hervor.

Unklar ist aber, welche Parteien der neuen Notstandsregierung beitreten sollen, die Italien durch die akute Schuldenkrise bis zum regulären Ende der Legislaturperiode 2013 führen soll. Die mit Berlusconi verbündete rechtspopulistische Regierungspartei Lega Nord sprach sich gegen eine Allparteienregierung aus.

Italiens Präsident Giorgio Napolitano will offenkundig Monti als neuen Premier. Am Mittwoch ernannte ihn der Staatschef überraschend zum Senator auf Lebenszeit. Dieser Schritt wird von politischen Beobachtern als Signal bewertet, dass Monti zum neuen Premier avancieren könnte. Der 68-Jährige diente zwischen 1994 und 2004 als EU-Kommissar.

Reformeifer

Berlusconi steht doch zu Monti

Italien drückt auch beim Sparpaket auf die Tube: Wegen der Spannungen auf den Finanzmärkten will das Parlament die geforderten Reformen deutlich schneller verabschieden. Die Fraktionschefs von Regierungs- und Oppositionsparteien einigten sich am Mittwochabend darauf, das Gesetz und die Reformzusätze schon bis Samstagnachmittag durch Senat und Abgeordnetenhaus zu bringen.

Das politische Rom erlebte am Mittwoch einen neuen dramatischen Tag. Trotz der Rücktrittsankündigung von Ministerpräsident Berlusconi geriet Italien immer mehr ins Visier der internationalen Finanzmärkte. Die Renditen für die italienischen Schuldpapiere erreichten gestern einen neuen Rekordwert: Investoren verlangten beim Kauf der Anleihen zwischenzeitlich 7,47 Prozent Rendite. Es war das erste Mal seit Einführung des Euro, dass dieser Wert sieben Prozent überschritt. Die Aktienkurse an der Mailänder Börse stürzten am Nachmittag um 4,5 Prozent ab. Die Turbulenzen an der Börse lösten Panik in Rom aus.

IWF steht bereit

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) forderte unterdessen "politische Klarheit" in Italien. Der IWF sei zur Hilfe in der italienischen Schuldenkrise bereit, sagte Lagarde laut dpa am Donnerstag vor Journalisten in Peking. "Politische Klarheit ist das, was notwendig ist." Niemand wisse, wer als politischer Führer aus der Krise hervorkomme, sagte Lagarde in einem Hinweis auf die Regierungskrise in Rom. "Wir sind bereit, die Rolle zu spielen, die unsere Mitglieder von uns erwarten."

Verbrannte Erde

Noch zweifeln aber manche, dass der trickreiche Berlusconi das Feld wirklich so schnell räumt. Er werde noch mehr verbrannte Erde hinterlassen, sind Kritiker überzeugt. "Was wir bisher an Ad-personam Gesetzen gesehen haben, war vielleicht erst das "Antipasto, die Vorspeise", analysiert der Publizist Peter Gomez. Er rechnet damit, dass Berlusconi dem Parlament noch einige Maßnahmen zu seinem eigenen Schutz unterjubeln wird. Gegen ihn laufen vier Prozesse.

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