Berlin-Mord: "Mörder waren keine Rocker"

Berlin-Mord: "Mörder waren keine Rocker"
Der Österreicher Raoul Schmidhuber wollte nach Kalifornien. Er wurde in Berlin ermordet. Sein Bruder spricht im Interview über mögliche Täter und Motiv.

Der Salzburger Raoul Schmidhuber, 31, wurde Anfang Juli in Berlin ermordet und mit einer Kettensäge zerstückelt.
Die Mörder - die deutschen Behörden gehen von einer Tätergruppe aus - versenkten Extremitäten, Torso und den abgetrennten Kopf, verpackt in Plastiksäcken und einem Koffer, in der Spree. Hobbyfischer stießen auf die ersten Leichenteile. Mitte der Woche wurde auch der Kopf gefunden. Schmidhuber war in der Berliner Tattoo-Szene tätig. Dank seiner auffälligen Tätowierungen konnte der Halleiner identifiziert werden. Trotz intensivster Recherchen gibt es offiziell noch keine Spuren. Auch das österreichische Außenamt ist in die Erhebungen involviert. Helge Schmidhuber, 36, der Bruder des Opfers, sprach mit dem KURIER.

Berlin-Mord: "Mörder waren keine Rocker"

KURIER: Stehen Sie mit der Berliner Polizei in Kontakt? Werden Sie über den Lauf der Ermittlungen informiert?
Helge Schmidhuber: Da ich selbst Polizist war, kenne ich die Spielregeln. Ich weiß, dass alles getan wird, um die Täter zu fassen. Aber neue Erkenntnisse werden auch mir nicht weitergegeben. Das ist so bei laufenden Ermittlungen.

Deutsche und österreichische Boulevard-Medien spekulieren, dass die Mörder im aggressiven Berliner Rocker-Milieu zu suchen wären. Glauben Sie das auch?
Nein. Sicher nicht. Mein Bruder war der Skateboard-Szene zuzurechnen.

Warum ist Raoul eigentlich nach Berlin gezogen?
Er wollte im Tattoo-Laden Scratchers Paradise seinen Tätowierer-Katalog aufbessern und finalisieren. Sein eigentliches Ziel war Kalifornien. Das war sein erklärter großer Traum. Dort ist die Surfer- und Boarderszene zu Hause.

Das klingt tatsächlich nicht nach Rocker-Image...
Er war extrem liberal und hat diese Philosophie gelebt. Zu seinem Freundeskreis gehörten auch Akademiker, etwa Juristen. Sie waren unter anderem seine Tattoo-Kunden. Soviel ich weiß, gab es auch keine Drogen- oder Alkoholexzesse.

Zur Motivfrage. Haben Sie eine Vermutung?
Nein. Der Mord, die Zerstückelung und die Beseitigung hat extrem viel Aufwand gebraucht. Das passt überhaupt nicht ins Schema. Er wäre der Erste gewesen, der davonläuft. Raoul muss in die Enge getrieben worden sein.

Hatte Ihr Bruder in Berlin eine feste Beziehung? Wäre für Sie ein Tatmotiv aus Eifersucht vorstellbar?
Er hat mir auch nicht jede Freundin vorgestellt. Aber ich weiß von zwei längeren Beziehungen. Ich weiß auch, dass er die Frauen und die Liebe genossen hat.

Wie werden Sie Raoul in Erinnerung behalten?
Ich wolle ihn noch einmal sehen. Die Berliner Mordkommission hat mir aber davon abgeraten. Ich werde mir diesen Schritt noch einmal überlegen.

Sind die sterblichen Überreste von den Behörden bereits freigegeben?
Da unsere Eltern vergangenes Jahr verstorben sind, kümmere ich mich um die Überstellung. Raoul wird in Berlin eingeäschert. Die Urne soll dann Ende Juli nach Hause überstellt werden.

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