Babypause für den SPD-Chef?

Babypause für den SPD-Chef?
Parteikolleginnen fordern Sigmar Gabriel auf, eine Vorreiterrolle zu übernehmen und in Elternzeit zu gehen. Er wiegelt ab.

Eigentlich ist es ein Grund zur Freude: SPD-Chef Sigmar Gabriel, 52, und seine neue Lebensgefährtin Anke Stadler, 35, erwarten im April ihr erstes Kind. Getrübt wird die Freude aber durch die Erschwernis einer geografischen Dreiecksbeziehung: Die Zahnärztin wohnt und arbeitet im ostdeutschen Halle, der Spitzenpolitiker in Berlin und öfter in seinem Wohnsitz und Wahlkreis im jeweils 170 Kilometer entfernten westdeutschen Goslar. Und nun erinnern auch noch mehrere SPD-Frauen den schärfsten Redner ihrer Partei an deren Forderungen: Gabriel möge doch bitte eine Babypause nehmen.

In einem offenen Brief, unter anderem in Bild, appellieren sie an den Parteichef: "Sie haben eine wunderbare Chance, als Vorsitzender der SPD das Leitbild der partnerschaftlichen Familie öffentlich vorzuleben und ihm damit neue Wege zu öffnen." Die zehn Unterzeichnerinnen, darunter die einstige SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan, fragen Gabriel zudem, ob er sich "als frisch gebackener Vater die Leitung des Bundestagswahlkampfs zutraut". Der startet inoffiziell im Herbst.

Der sonst nie um griffige Formulierungen verlegene Gabriel wimmelte die SPD-Frauenpower und die neugierige Presse ab: Dies sei "Privatsache", sagt lakonisch ausgerechnet der Chef jener Partei, die sich der Änderung des patriarchalischen Familienmodells zugunsten der Frauen verschrieben hat. Die SPD beklagt, dass nur Mütter nach der Geburt ihren Job vorübergehend aufgeben. Ein Vorbild hätte Gabriel, sollte er sich für eine Pause entscheiden: Grünen-Chef Cem Özdemir ging nach der Geburt seines zweiten Kindes immerhin sechs Wochen in Elternzeit.

Kurze Auszeiten

Gabriel ist nicht der einzige Spitzenpolitiker der SPD, der sich mit einer Auszeit für sein Baby schwer tut. Generalsekretärin Andrea Nahles, 41, die zum Jahreswechsel erstmals Mutter wurde, ging dafür nur acht Wochen aus der Politik. Sie hatte zuvor öffentlich um den Job gebangt, und zwar weniger wegen des politischen Gegners als wegen ihrer eigenen Partei. Insofern stellt die SPD-Spitze die Geschlechter-Gerechtigkeit wieder her – anders aber als in ihrem Programm.

Nur unwesentlich länger als Nahles blieb im letzten Jahr Familienministerin Kristina Schröder (CDU) daheim: Sie widmete sich in den ersten zehn Wochen voll ihrem ersten Kind. Als rascheste Rückkehrerin nach einer Geburt gilt aber immer noch die siebenfache Mutter Ursula von der Leyen (CDU): Die derzeitige Arbeitsministerin unterbrach ihren Job, damals noch in Hannover, nur eine Woche.

SPD-Führung liefert sich heftigen Machtkampf

Die Debatte um eine Babypause trifft Gabriel in einem ungünstigen Moment: Er befindet sich mitten in einem Machtkampf der sogenannten SPD-Troika. Fraktionschef Steinmeier will mit dem dritten potenziellen Kanzlerkandidaten, Ex-Finanzminister Steinbrück, als Exponent des moderateren SPD-Teils, Wechselwähler der Mitte umwerben.

Gabriel hingegen setzt auf Polarisierung mit einem Gerechtigkeits- und Anti-Merkel-Wahlkampf. Er will den linken Flügel und "Linke"-Wähler ansprechen. Und er tut das mit mit teils unfairen Mitteln, darunter mit parteiinterner Stimmungsmache per SMS an den anderen Troika-Mannen vorbei. Mit Generalsekretärin Nahles kann er ohnehin nicht, obwohl die zum linken Flügel zählt.

Deshalb wird inzwischen eine Kanzlerkandidatur Gabriels ausgeschlossen. Favorit ist derzeit Steinmeier, obwohl er schon die Wahl 2009 krachender verloren hatte als jeder seiner SPD-Vorgänger. Auch damals siegte, wie schon 2005, Angela Merkel.

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