Xi Jingping: Macht auf Lebenszeit

Kitsch und Kult - Xi und Mao
Chinas Staats- und Parteichef lässt sich am Sonntag auf Lebenszeit an der Staatsspitze installieren.

Unübersehbar sind die Zeichen der Zeit. Selbst in den abgelegensten Dörfern Chinas verherrlichen riesige Wandgemälde Xi Jingping. Das Konterfei des Staats- und Parteichefs findet sich auch massenweise auf Tellern, Tassen, Feuerzeugen, Anhängern oder Ketten. Nur einer kann bei diesem Personenkult mithalten: Mao Zedong, der 1976 im Alter von 82 Jahren verstorbene Alleinherrscher.

Wie Mao lässt sich Xi vom Militär als "Oberbefehlshaber" und von der Kommunistischen Partei als "Führer" ansprechen. Und wie Mao kann Xi bis zu seinem Tod China weiter regieren. Die Abgeordneten werden diese Verfassungsänderung beim ab Montag tagenden Volkskongress abnicken.

Auf Maos Spuren

Dabei hatte Chinas Reformarchitekt Deng Xiaoping nach Maos Tod aus gutem Grund die Amtszeit des Staatspräsidenten auf zwei mal fünf Jahre begrenzen lassen: Nie wieder sollte einer allein so viel Macht haben. Durch Maos "Großen Sprung nach vorne" verhungerten zig Millionen Chinesen, und mit seiner "Kulturrevolution" löste er eine mörderische Hetzjagd gegen Parteifreunde und Intellektuelle aus. Das lässt die chinesische Propaganda dieser Tage unter den Tisch fallen. Stattdessen begründet sie Xis Freiheit, auf Lebenszeit zu führen, als enorm wichtig für die Stabilität des Landes in den nächsten Dekaden. Denn bis 2035 will sich China laut Plan zu einem modernen wohlhabenden Staat entwickelt haben. Da wäre Xi dann 82 Jahre alt – so alt wie Mao bei seinem Tod.

Heute ist Xi 64 und am Zenit seiner Macht angekommen. Er hält alle Fäden in der Hand – in der Partei, in der Armee, im Staat und in weiten Teilen der Wirtschaft, auch der oberste "Spion" ist einer seiner Getreuen. Xis Ehrgeiz ist es, China in allen Bereichen zur Supermacht zu machen. Dass seine Theorien samt seinem Namen im Statut der KP verankert und sogar in die Verfassung aufgenommen werden, zeigt die überragende Stellung Xis.

Konsequent hat er sich den Weg dahin geebnet, seine Gegner gegeneinander ausgespielt, mächtige Kontrahenten mittels Korruptionsvorwürfe aus dem Verkehr gezogen, und ihm treu ergebene Gefolgsleute bis in die tiefste Provinz des Riesenreiches installiert.

Repressalien

Die Medien hält er eng an der Kandare, Internet-Abschaltungen und Zensur stehen an der Tagesordnung. Ein Überwachungssystem, das Kritiker als "digitalen Leninismus" bezeichnen, ist im Aufbau. Erster Schritt dazu ist das "Laolai-Netz", das mit Datenbanken von Tausenden Geldinstituten und Polizeistellen bis hin zu Bahn- und Luftfahrtgesellschaften verbunden ist. Eine umfangreiche Kontrolle aller Finanztransaktionen sowie sozialen Netzwerke ist im Aufbau, Repressalien für Abweichler sind dann eine leichte Sache.

Soziale Kontrolle

Die Reaktion auf Weibo, dem chinesischen Kurznachrichtendienst, zur Nachricht, dass Xi auf Lebenszeit an der Macht bleiben kann, sprach für sich. "Wir verwandeln uns in Nordkorea", schrieb ein Nutzer. Andere posteten Bilder vom verfressenen Bären Winnie Puuh (mit dem Xi zu seinem Ärger im Netz seit Jahren verspottet wird), der an einem Honigtopf festklebt – wie Xi an der Macht. "Winnie" gehörte folglich neben "Xi Jinping" und "Verfassung" laut der Webseite "Free Weibo" zu den meist zensurierten Begriffen. Und: "Einwanderung". Es scheint, dass manch Chinese über Wege aus Xis Reich nachdenkt.

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