Wut nach Mord an einem Kind

Muhammad Qatta
Exekution durch Islamisten wird zum Symbolfall der Uneinheit im Revolutionslager

Mohammad Kattaa kannte fast jeder im Viertel Sha’ar in Aleppo. Kaffee verkaufte er auf der Straße, an einem kleinen Stand an einer Kreuzung in dem von Rebellen kontrollierten Viertel. Und genau dort wurde der 15-Jährige vergangenen Sonntag exekutiert. Ein Schuss ins Genick, einer in den Hinterkopf. All das vor den Augen seiner Familie und der versammelten Nachbarschaft – wegen Blasphemie. Er hatte zu einem Kunden gesagt, dass er ihm selbst dann keinen Kaffee schenken würde, sollte Prophet Mohammed höchst persönlich herabsteigen.

Es ist ein Fall, der die syrische Öffentlichkeit vor allem in von Rebellen gehaltenen Gebieten aufrüttelt. Zwar sind Exekutionen basierend auf religiösen Urteilen auf offener Straße keine Seltenheit mehr, aber diesmal hat es dokumentierter maßen ein Kind getroffen. Und noch dazu einen Burschen, der von Anfang an bei Demos der Opposition dabei gewesen war.

Jene Männer aber, die Mohammad Kattaa mitnahmen vergangenen Samstag, hatten anscheinend weniger die syrische Sache im Sinn. Laut Augenzeugen sprachen sie Arabisch ohne syrischen Akzent, so die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR). Als die Kämpfer am nächsten Tag mit dem Buben wieder kamen, um ihm auf offener Straße das T-Shirt über das Gesicht zu ziehen und ihm zwei Kugeln durch den Leib zu jagen, hatte er schwere Blessuren und Striemen.

Von welcher Einheit die Täter waren, ist unbekannt. Und angesichts des Echos, das der Fall ausgelöst hat, waren alle möglichen Gruppen auch aus dem islamistischen Spektrum, schnell bemüht, jede Schuld von sich zu weisen. Vor allem aber für gemäßigte und säkulare Aktivisten ist Mohammad Kattaa zum Symbol einer Revolution geworden, die eben genau ihnen endgültig zu entgleiten droht. SOHR etwa merkt an, dass das regionale Revolutions-nahe Sharia-Gericht nichts getan habe, um den Mord an dem Buben stoppen.

Vor allem in Aleppo haben Islamisten großen Einfluss. Zuletzt war es in einem von der Freien Syrischen Armee FSA, dem offiziellen bewaffneten Arm der Opposition, gehaltenen Bezirk zum Konflikt mit der El-Kaida-nahen Al-Nusra gekommen. Deren Kämpfer hatten unter Protest der Anwohner eine FSA-Fahne abmontiert, um ihr schwarzes Banner zu hissen.

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