Wirtschaft funkt Stoppsignale an Katalanen

In Barcelona protestierten Hunderttausende Katalanen gegen Polizeigewalt
300.000 Katalanen protestierten am Dienstag gegen das gewalttätige Vorgehen der Polizei am Sonntag. Die EU hält im Konflikt zu Madrid.

Der Dienstag sollte der Tag der Wut sein. Die Demütigung der Polizei-Hiebe für Hunderte abstimmungswillige Katalanen am Sonntag wollen die Separatisten nicht wegstecken, Montag wurde intensiv beraten, wie die Antwort ausfallen sollte. Regionalpräsident Puigdemont hatte seine Vertrauten um sich geschart: Sein im Schnelllauf verabschiedetes "Übergangsgesetz" sieht nämlich vor, innerhalb von 48 Stunden nach dem Referendum die Unabhängigkeit Kataloniens auszurufen.

Die ersten Reaktionen aus Brüssel auf das Resultat der "illegalen" Abstimmung: An der Unterstützung für Spaniens verfassungstreue Regierung hat sich nichts geändert, dennoch wird der Polizeieinsatz gegen Katalanen kritisiert. Mit der keineswegs überraschenden 90 Prozent-Zustimmung zu seinem Trennungsprojekt in der Hand, zögerte Puigdemont am Dienstag, den Bruch mit Spanien sofort zu vollziehen.

Börsenkurse gingen steil nach unten

Tags zuvor zeigten die Börsenkurse der katalanischen Finanzinstitute, darunter die wichtigsten Banken Spaniens, steil nach unten. Die Wirtschaftsberater warnten vor einem Schritt, der nicht rückgängig zu machen wäre. Gleichzeitig machte Puigdemonts parlamentarischer Partner, die radikale Antisystem-Partei CUP, Druck auf ihn: Die Stunde sei gekommen, sich von Spanien abzukoppeln.

Man einigte sich auf einen Kompromiss. Mit dem landesweiten Protesttag gegen Polizei-Übergriffe sollte Zeit gewonnen werden. Der Ausstand war besonders im Verkehr spürbar, Straßen wurden mit Traktoren blockiert, in Barcelonas Straßen demonstrierten nach Polizeiangaben 300.000 Menschen.

Polizisten unter Stress

Aktivisten führen Nadelstiche gegen die spanische Polizei. Landhotels, in denen Sicherheitsbeamte untergebracht sind, wurden auch in der Nacht belagert, Polizeifahrzeuge beschädigt. Premier Rajoy gab den Befehl, keines der Hotels zu räumen – keinesfalls das Signal auszusenden, Spanien ziehe sich aus Katalonien zurück. Ein Polizei-Sprecher sprach von einer "untragbaren Situation", erzählte von wachsendem Stress für die Streifen und warnte vor einem "Clash, der unabsehbare Reaktionen provozieren könnte".

In Madrid wägten Berater Rajoys die Konsequenzen des finalen Schritts ab: Wie würden die Radikalen in Katalonien reagieren, sollte der Rajoy seine verfassungsmäßige Befugnis zur Absetzung Puigdemonts nützen? Die Übernahme der Regierungsgeschäfte und die Ausschreibung von Neuwahlen in Katalonien würden folgen.

Verhaftungsgerüchte

In einem internen Blog kündigten Separatisten für Mittwoch schon die nächste Repressionswelle des "Unterdrückerstaates" an: Die Inhaftierung Puigdemonts und der Leiter der am Separationsprozess wesentlich beteiligten zivilen Organisationen stünde unmittelbar bevor. Das Klima ist entsprechend aufgeheizt.

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