"Wir sind uns einig, dass wir uneinig sind"

German Chancellor Angela Merkel gestures during a news conference with Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu (L) after bilateral talks at the Chancellery in Berlin December 6, 2012. Merkel and Netanyahu agreed to disagree on the question of Israeli plans to build more Jewish settlements, the chancellor said on Thursday. REUTERS/Thomas Peter (GERMANY - Tags: POLITICS)
Die deutsche Kanzlerin empfing den israelischen Regierungschef in Berlin. Zwischen die freundschaftliche Töne mischte sich auch Kritik.

Trotz erheblicher Differenzen in der Nahost-Politik hat sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel uneingeschränkt an die Seite Israels gestellt. Deutschland wolle nicht nur für die Sicherheit des jüdischen Staates eintreten, sondern auch die Beziehungen auf allen Gebieten ausbauen, sagte Merkel am Donnerstag in Berlin nach den deutsch-israelischen Regierungskonsultationen. Allerdings wurden beim Auftritt mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auch die Spannungen deutlich.

Eine geplante Zusammenkunft im Rahmen des Besuches von Netanyahu platzte allerdings: Weil der israelische Außenminister Avigdor Lieberman nicht mit zu den Gesprächen angereist war, sagte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle eine Vertragsunterzeichnung beider Ministerien für eine engere Zusammenarbeit ab.

"Sicherheit Israels als Teil der Staatsräson"

Angesichts der jüngsten Kämpfe zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen sowie der Aufwertung der Palästinenser-Gebiete durch die UNO bemühten sich Merkel und Netanjahu um einen harmonischen Auftritt. Beide hatten bereits am Mittwochabend drei Stunden über die Konflikte im Nahen Osten diskutiert, wobei die Kanzlerin nach Teilnehmerangaben darauf drang, dass Israel sich aktiver um eine Aussöhnung mit den arabischen und palästinensischen Nachbarn bemühen müsse. "Ich habe in dem Gespräch noch einmal deutlich gemacht, dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson ist", sagte Merkel vor Journalisten. Sie gab die Schuld an den jüngsten Kämpfen allein der radikal-islamischen Hamas. Es erfülle sie mit großer Sorge, dass auch in Deutschland viele beim Nahost-Konflikt "Ursache und Wirkung" verwechselten.

Zugleich pochte auch Merkel auf neue Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern und warnte vor weiteren einseitigen Schritten. In diesem Zusammenhang kritisierte sie den israelischen Siedlungsbau. Hier könne sie nur sagen, "dass wir uns einig sind, dass wir uns nicht einig sind", sagte Merkel.

Enttäuschung über UNO-Votum

Netanyahu dankte Merkel mehrfach für ihr Engagement für sein Land. "Es ist absolut klar, dass ich keine Zweifel an Ihrer Verpflichtung zu Israel habe", sagte er. Allerdings kritisierte er wie zuvor in einem Zeitungsinterview das Abstimmungsverhalten der Europäer und Deutschlands in der Vollversammlung: "Ich habe gesagt, dass ich enttäuscht war. Ich weiß, dass sie (Merkel) dachte, dass dies den Frieden voranbringen würde. Ich glaube, dass er nun schwieriger wird."

Die Kanzlerin verteidigte die Enthaltung Deutschlands, denn die Palästinenser hätten "eine gewisse Bewegung" bei der Anerkennung Israels gezeigt. Zugleich betonte auch sie, dass die von den Palästinensern forcierte UNO-Abstimmung aus ihrer Sicht neue Nahost-Verhandlungen erschwere.

"EU-Regierungen etwas ungeduldig"

Kompromisslos zeigte sich Netanyahu in seiner Forderung nach direkten Gesprächen mit den Palästinensern ohne Vorbedingungen. Der umstrittene Bau der Siedlung E1 in Ost-Jerusalem sei zudem nichts Neues, sondern schon von den Vorgängerregierungen angekündigt worden. Im übrigen hätten selbst die Palästinenser zugestimmt, dass es sich um ein Gebiet handle, dass bei einer Zwei-Staaten-Lösung zu Israel gehören sollte. Den Europäern warf er mangelnde Kenntnis des Konflikts vor: "Viele EU-Regierungen sind etwas ungeduldig, sie wollen eine rasche Lösung sehen." Der Konflikt werde aber weder in der UNO, noch in Europa, sondern allein zwischen Israelis und Palästinensern gelöst. Die Lösung sei ein entmilitarisierter Palästinenserstaat, der Israel anerkennen müsse.

In einer gemeinsamen Erklärung bekundeten die deutsche und die israelische Regierung den Willen, ihre Beziehungen auszubauen. Die Außenministerien sollten gemeinsame Projekte bis 2015, dem 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen, vorantreiben. Verstärkt werden soll etwa die Kooperation bei Forschung und Technologie sowie im Jugendaustausch. Merkel kündigte an, dass Deutschland und Israel zunehmend gemeinsam Entwicklungshilfeprojekte in Afrika betreiben wollten. Als Beispiele nannte sie Projekte in Kenia und Ghana.

Die Sicherheitsbehörden beider Länder wollen sich enger in der Terrorismusbekämpfung abstimmen und die Zusammenarbeit bei Cyber-Technologien zu verstärken. Hier gilt die israelische Armee als weltweit führend. Die nächsten Regierungskonsultationen sollen nach der israelischen Parlamentswahl 2013 in Jerusalem stattfinden.

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