Wettlauf um Libyens Öl hat begonnen

Wettlauf um Libyens Öl hat begonnen
Wirtschaftsinteressen: Internationales Zittern vor einer Neuverteilung des libyschen Ölschatzes.

In den Straßen von Tripolis wird noch gekämpft, doch der Wettlauf um den Zugang zu Libyens riesigen Öl- und Gasfeldern hat längst eingesetzt. Mitarbeiter des italienischen Ölkonzerns ENI seien unterwegs in Richtung der ostlibyschen Förderanlagen, verkündete Italiens Außenminister Franco Frattini am Montag forsch: "Deshalb ist klar, das ENI in Libyen in Zukunft eine Nummer-1-Rolle haben wird."

Doch der Minister war allzu schnell vorgeprescht. Von einer raschen Wiederaufnahme der Ölproduktion kann in Libyen nicht die Rede sein. Noch ist die Sicherheit um die Häfen nicht gegeben, sind Pipelines und Förderanlagen teils beschädigt. Noch gelten die UNO-Sanktionen auf Erdölprodukte aus Libyen und noch ist vor allem völlig unklar, ob die noch unter dem Gaddafi-Regime abgeschlossenen Förderverträge auch unter der neuen Führung der Rebellen weiter Gültigkeit haben werden.

Bei der österreichischen OMV, die in den vergangenen Jahren rund ein Zehntel ihrer Öleinfuhren aus Libyen bezog, geht man davon aus, dass die Verträge aufrecht bleiben. "Wir haben unsere Verträge 2008 erneuert und eine Verlängerung bis 2032 erzielt", sagt OMV-Sprecher Sven Pusswald gegenüber dem KURIER. Mit der Rebellenführung aber sei man, so Pusswald, im Gespräch. Seit März steht die Produktion der OMV in Libyen still. Wann sie wieder aufgenommen werden könne, sei derzeit nicht abschätzbar.

Große Sorgen herrschen hingegen in Moskau, wo der Gasriese Gazprom gegenüber dem libyschen Übergangsrat auf die Einhaltung der noch mit dem
Gaddafi-Regime abgeschlossenen Wirtschaftsverträge pocht. Denn Rebellen-Sprecher hatten angedeutet: Man wisse sehr wohl, welche Staaten sich unterstützend hinter die Rebellen gestellt und militärische Hilfe geleistet hätten. Sowohl Russland als auch China hatten sich in der UNO lange gegen UNO-Sanktionen gestemmt.

Vorgeprescht

Umso offensiver waren hingegen Frankreich, Großbritannien und Italien vorgeprescht. Als allererstes Land hatte Paris noch im April, als ein Sieg der Aufständischen alles andere als sicher war, die Rebellen offiziell anerkannt und sich für NATO-Unterstützung stark gemacht. Diese militärische Hilfe, so offenbar die Hoffnung zwischen Paris, Rom und London, soll sich auch in Form besserer Förderrechte bezahlt machen. Libyen ist ein gewaltiger Zukunftsmarkt, es hat von allen afrikanischen Ländern die größten Ölvorkommen, viele Felder sind noch nicht erschlossen.

"So einfach wird diese Rechnung nach dem Motto ,Unser militärischer Einsatz muss sich rechnen' nicht aufgehen", glaubt hingegen Expertin Annegret Bendiek (Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin). "Es gibt die alten, von der politischen Entwicklung unabhängigen Kooperationsbeziehungen mit den jeweiligen Stammesfürsten. Deren Einfluss ist nicht zu unterschätzen."

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