Maduro gewinnt in Venezuela
Mit dem Kruzifix und einem Bild von Hugo Chavez in Händen trat Nicolas Maduro in der Nacht zum Montag als frischgewählter Präsident Venezuelas vor seine Anhänger in Caracas. Der 50-jährige ehemalige Busfahrer und Gewerkschafter zollte seinem politischen Ziehvater Chavez Respekt und Dankbarkeit. Und er spielte eine Tonbandaufnahme ab, die Nationalhymne, gesungen vom Anfang März an Krebs verstorbenen Commandante. „Dieser Sieg ist von Chavez und für Chavez“, riefen Tausende Maduro-Wähler vor dem Präsidentenpalast Miraflores.
Doch dieser Sieg fiel äußerst knapp aus. Laut der Wahlbehörde kam Maduro auf 50,66 Prozent, sein Herausforderer Henrique Capriles auf 49,07 Prozent. Capriles fehlten nur 235.000 Stimmen – bei 19 Millionen Wahlberechtigten und einer Beteiligung von 78,7 Prozent. Capriles sprach von Wahlbetrug, verwies auf mehr als 3000 Meldungen über Unregelmäßigkeiten in den Wahllokalen – und sogar Schießereien – und forderte eine umfassende Überprüfung der Ergebnisse und eine Neuauszählung der Wahlzettel. „Der Verlierer sind Sie“, sagte der erst 40-jährige Capriles an die Adresse von Maduro. Dessen offiziell verkündeten Wahlsieg erkennt er nicht an.
Tiefe Gräben
Die oppositionelle Zeitung TalCual titelte am Montag: „Ein Sieg unter Verdacht.“ Ihr Chefredakteur Teodoro Petkoff prangerte in seinem Leitartikel einen „gefälschten Sieg“ an. Dieser zeige, dass das Land heute mehr denn je in zwei gleiche Hälften geteilt sei. Der staatliche Fernsehsender VTV feierte hingegen den Sieg des „Chávez-Sohnes“ und auch die staatliche Agentur AVN titelte: „Das Volk von Chávez bleibt unbesiegt.“ Wütende Capriles-Anhänger waren hingegen noch in der Nacht durch einige Stadtviertel von Caracas gezogen und hatten mit Kochlöffeln auf Kochtöpfe gedroschen, um ihrem Unmut Gehör zu verschaffen. Capriles selbst rief seine Anhänger aber nicht zum Protest auf die Straßen.
Geschwächt durch das schwache Wahlergebnis wird Maduro laut Plan am Freitag das schwere Erbe des „Commandante“ antreten und bis 2019 im Amt bleiben. Die knapp 30 Millionen Venezolaner leiden unter der hohen Inflation (20 Prozent) und wachsender Gewalt (im Vorjahr mehr als 16.000 Morde) in einem tief gespaltenen Land. Dem nicht genug, gehen die Einkünfte aus dem Ölgeschäft zurück, mit denen Chavez seine Sozialprogramme finanziert hat. Maduro will Chavez’ „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ fortführen. Nur vorsichtig deutete er Änderungen an, etwa die Kürzung staatlicher Subventionen beispielsweise bei der Stromversorgung.
Diplomaten beschreiben den früheren Außenminister (2006 bis 2012) als freundlich und gelassen. „Er ist der gewandteste und am wenigsten reizbare aller Vertreter der venezolanischen Führung“, zitierte Reuters einen Europäer. Einige Analysten hoffen nun auf eine Annäherung Venezuelas an die USA. Der Erzfeind ist immer noch der größte Abnehmer von Venezuelas Erdöl.
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