Wahlbetrug: Trump dreht den Spieß um

Der zukünftige US-Präsident spricht von "Millionen Menschen, die illegal gewählt haben", sonst hätte er nicht nur die Mehrheit der Wahlmänner, sondern auch der Wähler erhalten.

Nach politischen Rivalen schürt auch der designierte US-Präsident Donald Trump selbst Zweifel am regulären Verlauf der Wahl Anfang November. Millionen Menschen hätten illegal abgestimmt, erklärte der Republikaner via Twitter. Würde man diese abziehen, hätte er nicht nur die für seinen Sieg entscheidende Mehrheit der Wahlleute gewonnen, sondern auch landesweit die meisten Stimmen insgesamt.

Soll heißen: Ohne Berücksichtigung der zu seinem Nachteil abgegebenen, angeblich illegalen Stimmen wäre sein Sieg noch eindeutiger ausgefallen. Nach dem bisherigen Stand hat die unterlegene Demokratin Hillary Clinton unter dem Strich landesweit mehr als zwei Millionen Stimmen mehr als Trump erhalten. Auf Initiative der US-Grünen wird zudem das Ergebnis in mindestens einem US-Staat wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten neu ausgezählt. Zwei weitere sollen folgen. Hätte Clinton in allen drei die Nase vorne gehabt, wäre sie Präsidentin geworden. Es gilt zwar als unwahrscheinlich, dass eine Neuauszählung etwas am Sieg Trumps ändert - zumal noch nicht einmal klar ist, ob sich Pennsylvania und Michigan überhaupt Wisconsin anschließen und die Prozedur wiederholen. Die Präsidentschaftskandidatin der Grünen, Jill Stein, will aber nach eigenen Angaben zumindest sicherstellen, dass das US-Wahlsystem integer ist. Anlass sind Äußerungen von IT-Experten und Juristen, wonach es nicht auszuschließen ist, dass Hackerangriffe auf die Wahlcomputer das Ergebnis beeinflusst haben könnten. Clintons Anwälte wollen die Neuauszählung unterstützen.

Nur Anschuldigungen, keine Beweise

Trump bezeichnete den Vorgang als "lächerlich". Am Sonntag setzte er dann mit einer Serie von Tweets nach: "Zusätzlich zu meinem Erdrutschsieg bei den Wahlleuten habe ich auch die Mehrheit der insgesamt abgegeben Stimmen erhalten, wenn man die Millionen Leute abzieht, die illegal gewählt haben." Ein paar Stunden später schrieb er von "schwerem Wählerbetrug in Virginia, New Hampshire und Kalifornien" - drei Staaten, in denen Clinton besser abgeschnitten hatte. Belege für seine Vorwürfe lieferte Trump nicht. Stattdessen warf er den Medien vor, tendenziös zu sein, weil sie über die Vorfälle in den von ihm genannten Staaten nicht berichteten. Dies sei ein "großes Problem".

Wahlbetrug: Trump dreht den Spieß um
(FILES) This file photo taken on August 23, 2016 shows Green Party presidential nominee Jill Stein during a press conference at the National Press Club in Washington, DC. Stein has raised the necessary $1.1 million to request a vote recount in Wisconsin, her campaign announced November 24, 2016. The Midwestern state was a key battleground in the November 8 election, helping propel the Republican President-elect Donald Trump past his Democratic rival Hillary Clinton to a victory that shocked the nation. / AFP PHOTO / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / WIN MCNAMEE

Im Wesentlichen dreht sich der Streit um die Besonderheit des US-Wahlsystems, wonach nicht der Kandidat gewinnt, der landesweit die meisten Stimmen erhält, sondern derjenige, der die meisten Wahlleute bekommt. Diese werden über die einzelnen Staaten proportional zur jeweiligen Einwohnerzahl vergeben - und zwar in der Regel komplett an den Kandidaten, der besser abschneidet. Aufgrund dieser Regelung erhielt Trump zwar deutlich mehr Wahlleute. Da er aber in einigen US-Staaten nur knapp vorne lag und in bevölkerungsreichen wie Kalifornien hinter seiner Rivalin, sammelte Clinton unter dem Strich landesweit mehr Stimmen insgesamt ein. An Trumps Erfolg hinterlässt das in den Augen vieler Wähler einen gewissen Makel.

Clinton-Lager: Unterstützung, aber keine Hoffnung

Das Clinton-Lager hatte am Wochenende mitgeteilt, dass es die Neuauszählungen unterstütze. Zugleich machte es aber klar, dass es dadurch keine Änderung des Wahlausgangs erwarte. Eigene Überprüfungen in den vergangenen Wochen hätten keine Unregelmäßigkeiten aufgezeigt. Deshalb habe man auch nicht selbst Neuauszählungen beantragt.

Der ehemalige demokratische Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders bezeichnete die Initiative als "keine große Sache". Die Neuauszählungen seien gesetzlich zulässig. "Ich denke, dass niemand, weder Clinton noch irgendwer anders, ernsthaft an tiefgreifende Veränderungen glaubt", sagte Sanders dem Sender ABC.

Der ehemalige Gouverneur von Massachusetts habe im Wahlkampf "getan, was er konnte, um Donald Trump zu schaden", sagte Kellyanne Conway in der ABC-Sendung "This Week".

"Wir sind alle für Einheit in der Partei. Aber ich denke nicht, dass wir dafür mit dem Posten des Außenministers bezahlen müssen", sagte Conway. Sie werde Trumps Entscheidung aber in jedem Fall respektieren. "Es gibt nur einen, der sein Kabinett auswählen wird, und das ist der gewählte Präsident Donald Trump."

Neben dem ehemaligen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Romney (69) stehen auch der Ex-Bürgermeister von New York, Rudy Giuliani (72), Ex-CIA-Direktor David Petraeus (64), Ex-UNO-Botschafter John Bolton (68) und der Senator von Tennessee, Bob Corker (64), als mögliche Außenminister zur Debatte. Trump soll am 20. Jänner die Nachfolge von Barack Obama antreten.

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