Berlin-Neuköllns Bürgermeister hört auf

Heinz Buschkowsky, ein streitbarer, gnadenlos direkter Sozialdemokrat („Welt“): Er fühlte sich nie von Einwanderern bedroht, nur „von Linksradikalen öfters“
Chef des buntesten Einwandererbezirks, volksnahester Sozialdemokrat, Immigrationskritiker.

Multikulti ist gescheitert", und "Neukölln ist überall", das sind die bekanntesten Schlagworte Heinz Buschkowskys. Nicht nur, weil die Aussagen umstritten wären, sondern weil sie von einem der bekanntesten Sozialdemokraten kamen. Und vor allem dem, der wie kein anderer die Realität des Einwandererlandes Deutschland kennt – und sie 14 Jahre lang vorbildlich gemanagt hat.

Völlig überraschend hat der 66-Jährige nun seinen Rückzug eingeleitet. Schon nächste Woche übergibt er sein Amt an die von ihm herangezogene Nachfolgerin. Seine Gesundheit lasse die 80-Stunden-Woche nicht mehr zu, "und ohne die geht dieser Job nicht".

Der Job ist einer der schwierigsten, den die hochverschuldete deutsche Hauptstadt hat: 320.000 Einwohner hat der Bezirk Neukölln, 40 Prozent davon haben oder hatten mal "eine von 113 Nationalitäten neben der deutschen" (Buschkowsky), mehr als jeder andere. Neukölln war immer Industriegebiet und Arbeiterviertel mit billigem Wohnraum, der zuerst die ärmsten Immigranten anzog.

Und in manchen Teilen eine türkisch-arabische Dominanz schuf, die nicht mehr eine bunte Kultur sondern eine straffe Parallelgesellschaft wurde. Ganze Blocks, die von libanesischen, kurdischen und arabischen Großfamilien beherrscht werden, die überwiegend von Kriminalität und Sozialhilfe leben, wo auch die jüngste Generation deutsche Gesetze verachtet. Dorthin könne man keine Sozialhilfekontrolleure und die Polizei nur in Mannschaftswagen senden, es wäre zu gefährlich für die Beamten, erzählte Buschkowsky öfter. "Familien, die seit Jahrzehnten hier von Sozialhilfe leben und ihren Kindern den Weg in die Gesellschaft versperren, denen würde ich gerne beim Kofferpacken helfen."

Unermüdlich

Erfolgreicher als Buschkowsky ist wohl kein deutscher Lokalpolitiker die Intergrationsprobleme angegangen: Als 2007 die "Rütli-Schule" bundesweit Schlagzeilen wegen Schüler-Gewaltexzessen machte, trieb er viel Geld auf und machte daraus den vorbildlichen Rütli-Campus. Er organisierte Hilfsangebote für Migrantenmütter- und Kinder und sorgte für eine Lebensqualität über der in anderen Migrantenbezirken Berlins. Das grün regierte Kreuzberg eingeschlossen, wo mit Toleranzparolen alle Probleme nur zugeredet werden.

Verbale Toleranz war nie Buschkowskys Sache: Auch deshalb war er als Talkshow-Gast so beliebt, wurden seine zwei Bücher über Integration zu Bestsellern. Wo er immer wieder die Einwanderungspolitik von Rot-Grün kritisierte, die die praktischen Probleme ignoriere. So wie seine Forderung: "Kommt das Kind nicht in die Schule, kommt keine Sozialhilfe aufs Konto."

Buschkowsky distanzierte sich aber subtil vom Einwanderungskritiker und Erfolgsautor Thilo Sarrazin, ebenfalls Berliner SPD. Obwohl er zu deren aussterbendem rechten Flügel gehört, trug man ihm einmal die Nachfolge von Bürgermeister Klaus Wowereit an. Er lehnte ab: Er wollte nur Bürgermeister der kleinen Leute sein.

Heinz Buschkowsky wurde vor 66 Jahren als Arbeiterkind in einem Kohlekeller in Neukölln geboren. Im Bezirk hat er sein ganzes Leben verbracht. Er arbeitete sich in der Verwaltung nach oben und wurde 2001 für die SPD zum Bezirkschef gewählt. Nach einem Gesundheitscheck hört er nun auf.

Bekannt wurde er, weil er in den Medien und seiner Berliner SPD ungeniert die Schwächen "ideologisierter Einwanderung" aufzeigte. "Populistisch, eitel, beliebt", titelte der Berliner Tagesspiegel nun. Berlins CDU-Chef Frank Henkel: "Politik braucht echte Typen wie ihn."

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