Von Politiker-Tränen bis zum EU-Busserl: Wie Österreich zur EU kam

Kanzler a. D. Franz Vranitzky, KURIER-Redakteurin Margaretha Kopeinig
Der dreizehnte Stern: Ein Buch zeigt auf, wie mühsam und hürdenreich der Weg Österreichs in die Europäische Union vor zwanzig Jahren war.

EU-affine KURIER-Leser wissen natürlich alles über das legendäre Busserl, das der damalige ÖVP-Außenminister Alois Mock der verdutzten SPÖ-Staatssekretärin Gitti Ederer nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen mit Brüssel im März 1994 auf die Wange drückte.

Nun erzählt ein Buch den langen Weg der Politik bis zu diesem großkoalitionären Akt der Zuneigung: KURIER-Europa-Redakteurin Margaretha Kopeinig hat mit viel Akribie den Weg nachgezeichnet und mit den wichtigsten Akteuren von damals die Ereignisse Revue passieren lassen. "Meine Intention war, den Beitrittsprozess von den ersten Diskussionen in der österreichischen Regierung bis zum Beitritt zu dokumentieren", erzählt Kopeinig. "SPÖ und ÖVP waren sich einig, das Projekt gemeinsam zu verfolgen. Wichtigster Teil sind die Interviews mit den Akteuren des Beitritts. Sie gewähren erstmals Einblick in die Verhandlungen, die Hürden und ihre Strategie und Taktik."

Als Interview-Partner kommen u. a. der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky zu Wort, der auch das Vorwort verfasste, aber auch damalige Minister wie Erhard Busek, Ferdinand Lacina, Franz Fischler oder Wolfgang Schüssel.

Alois Mock, erzählt etwa Agrar-Verhandler Fischler, galt als "grand boss" der Verhandlungen. Über Verkehrsminister Viktor Klima, der wenige Jahre später Vranitzky als Bundeskanzler folgte, erzählt Fischler, dass ihm die zähen Verhandlungen über Transitprobleme so nahe gingen, dass er schon zurücktreten wollte. Fischler: "Am Schluss war alles ziemlich dramatisch, da sind Tränen geflossen bei den Herren und Damen, die anwesend waren."

Der rote Pfarrer

Zum Glück, so wird weiter erzählt, war auch Hans Mayr dabei, damals SPÖ-Vizebürgermeister von Wien, der als "Delegationspfarrer" den österreichischen Verhandlern immer wieder gut zuredete.

Von Politiker-Tränen bis zum EU-Busserl: Wie Österreich zur EU kam
Am hartnäckigsten blieben die französischen Delegierten bei den Verhandlungen. Offiziell ging es um Österreichs Position zu "Neutralität, Transit und Landwirtschaft", erzählt der Journalist Robert Denis del Picchia im Buch, der wie Kopeinig über die dramatischen letzten Verhandlungsstunden vor Ort berichtete. "Aber es gab auch einen anderen Grund: Die Franzosen wollten es offiziell nicht sagen. Sie hatten Angst, Österreich werde in der EU immer der deutschen Politik folgen. Die Achse Deutschland plus Frankreich, das war für Frankreich das echte Problem."

"Der dreizehnte Stern – Wie Österreich in die EU kam", Margaretha Kopeinig, Czernin-Verlag 2014, 271 S., 23 Euro

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