Varoufakis: Schäuble wollte uns herausdrängen

Der Ex-Finanzminister hat noch offene Rechnungen. Ökonomen fordern Schuldenschnitt.

Griechenlands Yanis Varoufakis hat seinem Frust über den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble in einem Zeitungsbeitrag Luft gemacht. Schäuble sehe einen „Grexit“ nicht nur als einzige Möglichkeit, reinen Tisch zu machen, sondern wolle damit auch die gesamte Eurozone seinem Diktat unterwerfen, schrieb Varoufakis in einem Kommentar für die britische Tageszeitung Guardian. „Auf der Grundlage monatelanger Verhandlungen bin ich davon überzeugt, dass der deutsche Finanzminister will, dass Griechenland aus der Währungsunion herausgedrängt wird, um den Franzosen das Fürchten zu lehren und sie zu zwingen, sich seinem Modell einer Eurozone zu unterwerfen, in der strenge Disziplin herrscht.“ Der in der Eurogruppe isolierte Varoufakis war Anfang der Woche von seinem Posten zurückgetreten. Das Verhältnis zwischen ihm und Schäuble war nie das beste.

Zumindest was einen - von Varoufakis geforderten - Schuldenschnitt betrifft, sprangen nun renommierte Ökonomen Griechenland zur Seite. Sie haben Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel in einem eindringlichen offenen Brief aufgerufen, einem Schuldenschnitt zuzustimmen, um eine Existenzkrise der gesamten Europäischen Union und weitere Verschlechterung der Situation zu verhindern. Sie warnen darin vor einem „Desaster“. Die Sparauflagen, die Griechenland in den vergangenen Jahren von seinen internationalen Gläubigern gemacht worden seien, hätten das Land nur weiter in eine wirtschaftliche Depression getrieben, kritisierten Thomas Piketty, Jeffrey Sachs, der frühere Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Heiner Flassbeck, und zwei weitere Wirtschaftswissenschaftler in dem Schreiben, das am Dienstag vom Magazin „The Nation“ im Internet veröffentlicht wurde.

„Die verschriebene Medizin hat den Patienten ausbluten lassen, aber nicht von der Krankheit geheilt“, bilanzierten Piketty und seine Kollegen. Die Gläubiger müssten daher „eine Kurskorrektur in Betracht ziehen, um ein weiteres Desaster zu verhindern und Griechenland in die Lage zu versetzen, in der Eurozone zu bleiben. Das Land brauche insbesondere eine “wesentliche Verringerung„ seiner Schuldenlast.
Die Ökonomen kritisierten, dass von Griechenland derzeit Reformen verlangt würden, ohne dem Euro-Land einen Schuldenschnitt zu gewähren.
Merkel hatte am Dienstagabend nach dem Sondergipfel der Euro-Länder in Brüssel gesagt, ein Schuldenschnitt, also ein teilweiser Schuldenerlass, für Griechenland komme “nicht in Frage„. Dies sei nach EU-Recht verboten. Nach Artikel 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dürfen grundsätzlich weder die EU noch Mitgliedstaaten für Schulden eines anderen Mitgliedslandes haften. Auch Bundeskanzler Werner Faymann erwartete keinen Schuldenschnitt, wie er am Dienstagabend nach dem Gipfel erklärte.

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