Wie Michael Moore zum Trump-Fan gemacht wurde

Michael Moore bei der Premiere am 18. Oktober in New York
Mit seinem filmischen Schnellschuss "In Trumpland" lieferte Michael Moore Schützenhilfe für Hillary Clinton. In den sozialen Medien wurde seine Botschaft ins Gegenteil verkehrt. Ein Musterbeispiel für Manipulation.

Michael Moore wollte es doch noch einmal wissen. Eine US-Wahl ohne filmische Beiträge des flammenden Demokraten wäre auch schwer vorstellbar. In so großem Stil wie 2004 mit "Fahrenheit 9/11" griff der Filmemacher diesmal zwar nicht ein, aber mit seinem Schnellschuss "Michael Moore in Trumpland" gelang ihm immerhin eine "October Surprise" auf iTunes und vor einer Woche auf einigen Fernsehsendern. Moore setzt weniger auf klassische Kinoauswertung. Erst am Sonntag ging er auf Facebook live und befragte Trump-Fans vor dem New Yorker Trump Tower.

Der Versuch, die virale Wirkung des Internet zu nutzen, kann aber auch nach hinten los gehen. Denn Moores Thesen landeten auf rechten Newsseiten wie Breitbart und Ausschnitte daraus wurden in sozialen Medien plötzlich von Trump-Fans geteilt. Aber nicht etwa, um sie in der Luft zu zerreißen, sondern um zu triumphieren: "Wenn ihr das viral macht, wird Trump die Wahl gewinnen".

Michael Moore als Steigbügelhalter für Donald Trump? Wie konnte das passieren?

Durch simple Manipulation.

Der Film zeigt Moore bei einem Auftritt in der Trump-Hochburg Wilmington im Staat Ohio. Dort lud er in ein Theater und erklärte rund 700 Zuschauern eine Stunde lang, unterbrochen durch ein paar Einspielfilmchen, was er an Hillary Clinton schätzt.

Die sonst so markant eingesetzte Polemik gegen konservative Kräfte ließ Moore außen vor. Außer bei einer Sequenz, die durch einen leichten Kniff ins Gegenteil verkehrt wurde.

Trump wählen als größtes "Fuck you" der Geschichte

Moore erklärt darin, was Trump-Wählen für viele Amerikaner so reizvoll mache. Die Stimme eines Unterprivilegierten gelte gleich viel wie die eines Millionärs. In der Anonymität der Wahlzelle könne man "dieses verdammte System in die Luft jagen", das Wahlrecht mache es möglich.

Und Trump sei "der menschliche Molotowcocktail, auf den sie alle gewartet haben. Die menschliche Handgranate, die sie auf das System werfen können, das ihnen ihr Leben gestohlen hat". Und weiter: "Die Wahl Trumps wird das größte 'Fuck You' sein, das in der Geschichte der Menschheit aufgezeichnet wurde. Und es wird sich guuut anfühlen."

Hier enden die viralen Video- und Audiofiles der Trump-Supporter, weil es sich eben guuut anfühlt, wenn ein Liberaler wie Moore scheinbar "auf die Knie geht", wie in alternativen Portalen wie Next News Network kommentiert wird.

Brexit-Vergleich weggeschnitten

Was dabei bewusst unter den Teppich gekehrt wird: Moores Wutrede (hier komplett) war da noch nicht zu Ende. Das gute Gefühl nach einem eventuellen Trump-Sieg würde nämlich nur "einen Tag" andauern, "eine Woche, oder vielleicht auch einen Monat", fügte Moore hinzu. Und danach würden es den Amerikanern ähnlich wie den Briten gehen. Diese hätten ebenfalls "eine Botschaft senden" wollen, fuhr er in seiner Rede fort. "Und so haben sie dafür gestimmt, Europa zu verlassen. Nur, um plötzlich draufzukommen, dass wenn man dafür stimmt, Europa zu verlassen, Europa auch verlassen muss. Und jetzt bereuen sie es."
Moores Rede in Originallänge
Auch die Trump-Wähler würden bald bemerken, dass er als Präsident nicht viel für sie tun würde. Noch schlimmer, sie würden bald erkennen: "Sie haben den letzten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt."
Michael Moore war selbst bei den Fakten nicht immer zimperlich, und oft Vorwürfen ausgesetzt, er habe manche seiner filmischen Botschaften sehr selektiv geschnitten. Aber es war dabei immer klar, dass Moore einen essayistischen Stil bevorzugte, und keinen rein dokumentarischen. Was manche Trump-Unterstützer aber aus Moores Rede gemacht haben, hat mit der Aussage des Clinton-Wählers (siehe unten) überhaupt nichts mehr zu tun. Es ist nicht ungefährlich, sich ins "Trumpland" zu begeben.

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