Wie Medien die Wahl Trumps kommentieren
Zum Auftrieb für den Rechtspopulismus in Europa durch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten und dessen neue Herausforderungen als künftiger Präsident schreiben internationale Tageszeitungen am Montag:
Times (London):
"Die Wahl von Donald Trump habe jetzt 'möglich gemacht, was zuvor als unmöglich galt'. Das ist die Ansicht von Marine Le Pen, Anführerin der rechtsextremen Front National und Bewerberin um das Amt des Präsidenten in Frankreich. Die politischen Erdbeben, die die Trennung Großbritanniens von der Europäischen Union und den Einzug eines Isolationisten ins Weiße Haus bewirkten, haben solche Bewegungen in Europa gestärkt.
Parteien der politischen Mitte dürfen jetzt nicht gefällig sein, sondern müssen standfest bleiben. Die radikale Rechte verweist auf reale Missstände, aber sie hat weder plausible Mittel dagegen, noch verfügt sie über positive Eigenschaften. Demokratische Regierungen, die mit dieser populistischen Aufwallung konfrontiert sind, haben die vordringliche Aufgabe, die Errungenschaften der Globalisierung und der kollektiven Sicherheit zu verteidigen. Populistische Parteien erschüttern das Vertrauen westlicher Gesellschaften in liberale Werte. Schlimmer noch als eine historische Tragödie und die Aussicht auf Verarmung ist, dass diese atavistischen Bewegungen ein neues dunkles Zeitalter für Europa heraufbeschwören."
Svenska Dagbladet (Stockholm):
"Trump, Brexit, Geerd Wilders, Le Pen, SD (Schwedendemokraten). Das hängt zusammen. Durch eine hohe Zuwanderung im Laufe einiger Jahrzehnte ist eine politische Trennlinie entstanden, wo es vorher keine gab. Jetzt leben wir damit, und sie wird nicht dadurch verschwinden, indem wir darüber reden. Der Alltag der Menschen hat sich wirklich verändert, und jetzt folgt die Reaktion darauf. So einfach ist die Erklärung."
Aftenposten (Oslo):
"Es ist leicht zu sagen, dass man ein Präsident für alle Menschen sein wird, aber viel schwieriger, es wirklich zu sein. Trump könnte damit anfangen, die nicht-gewalttätigen Demonstrationen gegen ihn und seine Politik anzuerkennen. Die Demonstranten dürfen natürlich keine Gewalt anwenden. Das schwächt die legitime Ausdrucksform, die eine Demonstration ist. Der Wahlkampf in den USA hat Teilungen verstärkt, die existiert haben, lange bevor er gestartet ist. Trump wird niemals auch nur annähernd 'America Great Again' machen, ohne anzuerkennen, welche enorme Herausforderung diese Teilung ist."
De Telegraaf (Amsterdam):
"Hillary Clinton hat sich erneut als schlechte Verliererin erwiesen, indem sie ihre Niederlage bei den US-Präsidentschaftswahlen auf andere schob. In einer Telefonkonferenz mit Wahlkampfspendern sagte die Ex-Kandidatin der Demokraten, schuld an ihrer Niederlage sei das FBI. Die Bundespolizei hatte vor der Stimmabgabe erklärt, ihren Umgangs mit dienstlichen E-Mails auf einem privaten Server erneut untersuchen zu wollen. Clinton zufolge hat das ihrem Wahlkampf zunichtegemacht.
Die Vorwürfe gegen das FBI waren nicht das erste Zeichen von Schwäche. Am Wahlabend weigerte sie sich, das Ergebnis abzuwarten und öffentlich ihre Niederlage einzugestehen, wie das eigentlich üblich ist, und machte sich heimlich davon. Indem sie nun Anschuldigungen erhebt, schürt sie die Zerstrittenheit."
Hospodarske noviny (Prag):
"Der liberale, zutiefst erschütterte Teil Amerikas organisiert Proteste und kommt nur langsam damit klar, dass Donald Trump im Weißen Haus regieren wird. Doch wenngleich Trump manch einem zu Recht abstoßend vorkommen mag, wäre es unfair, ihm keine Chance zu geben. Die 100-Tage-Frist, die Zurückhaltung mit Bewertungen gebietet, gilt in den USA genauso wie in unserem Teil der Welt. Dabei hat Trump noch nicht einmal sein Kabinett zusammengestellt oder die Macht übernommen. Das geschieht erst im Jänner 2017. Natürlich kann man darüber spekulieren, womit Trump beginnen wird. Wird er sein Versprechen, eine Mauer entlang der Grenze zu Mexiko zu bauen, erfüllen? Verlegt er die US-Botschaft in Tel Aviv nach Jerusalem? Oder wird er auf einige seiner Versprechen pfeifen?"
Nepszava (Budapest):
"Im Internet hat jemand eine Kampagne gestartet, die die Mitglieder des Wahlmänner-Gremiums dazu bringen will, ihre Stimme nicht Trump, sondern Hillary Clinton zu geben. Die Chancen dafür sind allerdings ziemlich gering, denn in der Vergangenheit haben die Wahlmänner (...) zu 99 Prozent für den Kandidaten gestimmt, der in dem Bundesstaat gewählt wurde, der sie delegiert hat. Auf dieses Wunder können sich die Demokraten also kaum verlassen. Ihnen bleibt ein einziger Hoffnungsschimmer: Nachdem die Wahl die völlige Spaltung des Landes erwiesen hat, muss Trump wohl dem politischen Gegner Zugeständnisse machen. Jetzt kann er zeigen, dass er sich nicht nur aufs Zerstören versteht, sondern auch aufs Aufbauen."
Dennik N (Bratislava):
"Der Gedanke, dass der Wahlsieg von Donald Trump die Extremisten und Populisten in Europa anspornen wird, hat seinen wahren Kern. Der neue amerikanische Präsident wird sicher zum Vorbild, das sie nachahmen möchten. Doch geht es dabei eher um eines der Symptome des Sich-Abgrenzens, des Nationalismus und der Xenophobie - so wie früher auch der Anstieg des Autoritarismus in der Zwischenkriegszeit länderübergreifend war, ebenso wie der 'Dritte Weg', zu dem sich Tony Blair und Gerhard Schröder bekannten.
Es geht immer um einen breiteren Trend in mehreren Ländern zugleich, ohne dass es einen einzelnen Führer gibt. Auch Trump ist also nur ein Symptom dieses Trends, nicht dessen Motor."
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