"I voted": Die Geschichte eines Wahl-Stickers

So sieht der "I voted"-Sticker aus.
Der "I voted"-Sticker steht in den USA für die Inanspruchnahme des Stimmrechts - und damit symbolisch für die Erfüllung der Bürgerpflicht.

Nach der Stimmabgabe trägt man den kleinen, weißen Sticker mit Stolz. Wer noch eins drauf setzen will, postet ein Sticker-Selfie auf Facebook, Twitter und Instagram. Promis wie Jessica Biel, Drew Barrymore, Justin Timberlake, Eva Longoria und Katy Perry machen's vor. Sängerin Alanis Morisette zeigte sich kürzlich gar beim Stillen mit dem Wahlbekenntnis auf der nackten Brust.

Sich öffentlich zur seiner Stimmabgabe zu bekennen, scheint also populärer denn je zu sein. Wohl nicht zuletzt, weil man sich damit vielerorts gratis Goodies, Öffi-Tickets und Getränke sichern kann - obwohl dies juristisch gesehen aufgrund des Antikorruptionsgesetzes illegal ist. Die Kiosk-Kette 7-Eleven gibt beispielsweise seit Jahren gratis Kaffee für Träger aus, der Fahrdienstleister Uber springt heuer mit verbilligten Tarifen auf den Zug auf.

Doch woher kommt der ikonische Sticker eigentlich? Olivia B. Waxman ist dieser Frage in einem Artikel für das Magazin Time nachgegangen.

Die Geburtsstunde eines Stickers

Dort berichtet Waxman unter anderem, dass die genaue Herkunft des Stickers schwierig zu klären sei. Am wahrscheinlichsten scheint die These, die den Ursprung des Stickers in den frühen 80er-Jahren ortet. Der Miami Herald widmete Waxmans Recherchen zufolge dem Klebeprodukt am 29. Oktober 1982 den ersten Bericht. Damals ging es um Preisrabatte für Sticker-Träger in Fort Lauderdale, Florida. Auf der Website der National Campaign Supply, ein Onlineshop zum Vertrieb von Wahl-Merchandise, wird 1986 als Verkaufsdatum angeführt.

Die heute gängige Version des Stickers mit wehender US-Flagge wurde schließlich 1987 von Janet Boudreau designt. Boudrau leitete damals die Wahl-Merchandise Firma Intab, die bis heute an die 30 Millionen Stück pro Jahr verkauft. Um mehr Wahlberechtigte an das Datum der anstehenden Wahl zu erinnern, kreierte sie den Sticker. "Ich wollte, dass die Leute andere mit 'I voted'-Stickern sehen und sich denken 'Oh, das sollte ich auch machen'", so Boudrau gegenüber Time.

Zu einem übereinstimmenden Rechercheergebnis kommt das Online-Portal Vox.com. So sollen die Sticker in Miami ab 1982 in verschiedenen Geschäften ausgegeben worden sein. Gefolgt von Lehrerunionen, die die Stimmabgabe ab 1984 mit den Botschaften unterstützten. Im selben Jahr soll der damalige republikanische Vize-Präsident George H. W. Bush den Sticker als erster Politiker öffentlich getragen haben. Das Immobilienunternehmen Phoenix Association of Realtors beansprucht die Sticker ebenfalls für sich.

Ab 1988 waren die Sticker schließlich in fast allen Wahllokalen vorrätig.

Kleiner Sticker, die Großes bewirken

Im Laufe der Jahrzehnte fielen die Sticker, die von offiziellen Stellen geordert und ausgegeben werden, in vielen Bundesstaaten Einsparungsmaßnahmen zum Opfer. Kritisch wird auch der Missbrauch der Sticker als "Verzierung" öffentlicher Gegenstände gesehen. Dabei haben Studien gezeigt, dass Menschen bei drohender sozialer Ächtung eher in die Wahlkabinen schreiten, als wenn die Wahlverweigerung geheim bleibt.

Forscher der Universität von Chicago, Harvard und Berkeley fanden beispielsweise heraus, dass man durch eine angekündigte Befragung nach der Wahl Menschen zum Abstimmen animieren könne. Untersuchungen des Politikwissenschafters Costas Panagopoulos an der Fordham University kamen zu ähnlichen Ergebnissen: Wurde Wählern nach der Wahl für die Stimmabgabe gedankt, erhöhte sie sich Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen Stimmabgabe in der Zukunft. Panagopoulos spinnt die Idee des "I voted"-Stickers im Gespräch mit Time weiter: "Menschen, die einen Sticker bekommen, haben ja bereits gewählt, also sind sie ohnehin motiviert genug. Wenn man jenen Menschen, die nicht gewählt haben, einen Sticker mit der Aufschrift "I didn't vote" geben würde, könnte das das Endergebnis positiv beeinflussen."

Kommentare