Glaubt ja nicht, dass Trump gewinnt

Auf der goldenen Rolltreppe in den Wahlkampf: Donald Trump im Juni 2015
Ein Kommentator musste sogar seinen eigenen Text aufessen: Wie US-Medien zu Beginn Donald Trumps Siegeschancen eingeschätzt haben.

Gegen die US-amerikanische Wahlkampf-Saison ist selbst die österreichische Bundespräsidenten-Wahl ein Klacks. Im vergangenen Juni hat der Immobilien-Mogul Donald Trump seine Kandidatur für die Vorwahlen der Republikaner bekanntgegeben, also eineinhalb Jahre vor der Angelobung eines neuen US-Präsidenten im Jänner 2017. Und nun wird Donald Trump tatsächlich dieser neue US-Präsident sein.

Während die Demokratin Hillary Clinton seit geraumer Zeit als Favoritin gehandelt wurde, galt Trump vergangenen Juni noch als Präsidentschaftsclown für Late Night Shows. Eine kurzer Rückblick auf den Beginn der Trump-Kampagne:

24. Jänner 2015: Trump bringt sich (wieder einmal) selbst als Präsidentschaftskandidat ins Gespräch. "Ich denke sehr ernsthaft darüber nach, für die Präsidentschaft zu kandidieren", sagte er bei einer Veranstaltung der Republikaner in Iowa. Dort, wo dann ein Jahr später die parteiinternen Vorwahlen begannen. In den vergangenen 15 Jahren brachte sich Trump immer wieder ins Spiel, ernsthaft kandidiert hatte er aber noch nie.

März 2015: Hillary Clinton und Jeb Bush gelten als aussichtsreichste Starter für die beiden Großparteien. Über Trumps Ambitionen notiert die Deutsche Presseagentur kurz: "Freund und Feind schätzen eher den Unterhaltungswert seiner Auftritte. Ernst nimmt das niemand."

12. April 2015: Clinton gibt ihre Kandidatur offiziell bekannt. Durchgesickert ist es bereits am 10. April. "Hillarys größter Gegner im Wahlkampf könnte Hillary heißen", kommentiert die Deutsche Presseagentur. Ihre E-Mail-Affäre wird als "deutlicher Warnschuss, auf welchem Minenfeld sich die ehemalige First Lady bewegt" beschrieben.

Glaubt ja nicht, dass Trump gewinnt
U.S. Republican presidential candidate, real estate mogul and TV personality Donald Trump formally announces his campaign for the 2016 Republican presidential nomination during an event at Trump Tower in New York June 16, 2015. REUTERS/Brendan McDermid

16. Juni 2015: Trump tritt tatsächlich an. "Unser Land braucht einen wirklich großen Führer", sagt er vor Anhängern im Trump Tower. Den Slogan "Make America Great Again" hat er bereits im Gepäck. Ebenso den Plan, an der mexikanischen Grenze eine Mauer gegen illegale Einwanderer zu bauen. "Niemand ist im Mauerbauen so gut wie Trump", sagt er, nachdem er zuvor gemeinsam mit Ehefrau Melania auf einer goldenen Rolltreppe heruntergefahren kam.

17. Juni 2015: Rock-Haudegen Neil Young, der sich als Bernie-Sanders-Fan outet, verbietet Trump seine Songs zu verwenden. Als Trump auf der Rolltreppe hinabfuhr, ließ er dessen Song "Rockin' in a Free World" spielen.

Ebenfalls am 17. Juni ließ Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung sein Haupthaar überprüfen, um zu beweisen, dass seine seltsame Frisur auf Echthaar beruhe. Es wundert einen nicht, dass so gut wie kein politischer Kommentator Trumps Kandidatur zu Beginn ernstgenommen hat.

"Er wird keine einzige Vorwahl gewinnen"

"Donald Trump wird ziemlich sicher nicht der Nominierte der Republikaner. ... Er wird wohl keine einzige Vorwahl gewinnen", befand der US-Sender NBC. Aber seine Kandidatur bringe die republikanische Partei in eine Zwickmühle, welche Kandidaten sie in ihren Vorwahl-Debatten antreten lasse. Auch die Huffington Post räumte Trump nur eine Mini-Chance ein, überhaupt an den TV-Debatten der Republikaner teilzunehmen. "Vielleicht nimmt er an den Debatten Teil, aber glaubt ja nicht, dass er gewinnen wird."

Das Wall Street Journal traute dem Milliardär immerhin einen Platz in den Debatten zu, und erklärte "warum Trump wichtig ist". Das Statistik-Portal FiveThirtyEight hingegen zitierte Umfragen, wonach 57 Prozent der eigenen Partei Trump ablehnen würden. Ein desaströser Wert am Beginn einer Kampagne, der zuvor in der Geschichte von Präsidentschaftswahlen nie da gewesen sei.

"Donald Trump wird nicht der Präsident der Vereinigten Staaten," schrieb Nora Kelly vom National Journal, "und niemand sollte das Gegenteil glauben. Aber das heißt nicht, dass er nicht die Kampagne beeinflussen könnte. Er wird den Medien großartige Soundbites geben und Sendezeit von anderen Kandidaten aufsaugen". Letzterer Teil der Analyse hatte auf jeden Fall Bestand.

"Wir werden über ihn reden"

"Wir haben uns Jahre lang über Trump lustig gemacht, aber er ist noch immer da", schrieb Will Leitch auf Bloomberg Politics. "Weil er zu jeder Gelegenheit völlig schamlos agiert" Markenbildung sei alles im US-Wahlkampf, argumentierte Leitch damals. "Auch wenn er das Rennen nicht gewinnen wird, man kann darauf wetten, dass wir über weite Strecken über ihn reden werden." Wie wahr.

Wayne Allyn Root, nach eigener Definition "kapitalistischer Prediger" des konservativen Senders Fox News, gestand Trump schon zwei Wochen vor dessen offizieller Ankündigung zu "ein großer Führer" zu sein. "Vielleicht brauchen wir tatsächlich einen Macher-Typ mit rauer Sprache und einem übergroßen Ego". Vielleicht sei es Zeit, "dass wir Wähler jemand mit CEO-Erfahrung einstellen, der damit Erfahrung hat die richtigen Leute einzustellen und sie rasch feuert, wenn sie ihren Job nicht gut machen". Roots Fazit: "Vielleicht ist 'Donald Trump for president' doch kein Witz und schon gar kein hoffnungsloser Fall."

Glaubt ja nicht, dass Trump gewinnt
Republican presidential candidate Donald Trump gestures and declares "You're fired!" at a rally in Manchester, New Hampshire, June 17, 2015. REUTERS/Dominick Reuter TPX IMAGES OF THE DAY
Einen Tag nach Trumps Ankündigung machte sich ein Kolumnist vonUS Todayüber Trumps Egozentrismus lustig: "Trump ist überall großartig, auch wenn er Dinge, die ihn so großartig machen, gar nicht getan hat. Wenn er zum Präsidenten gewählt wird, wird er der großartigste Präsident sein, den Gott jemals erschaffen hat. Es ist schwingt beinahe Demut mit. Immerhin glaubt Trump, dass Gott ihn erschaffen hat und nicht umgekehrt."

"Der schlechteste Kandidat"

Hadley Freeman von der US-Version des Guardian machte keinen Hehl daraus, dass sie die Präsidentschaftskandidatur von Trump unterstützt. Allerdings nur, um zu zeigen, wie schlecht es den USA mit dem Immobilien-Tycoon gehen wird: "Ich würde Trump mehr als Amerikas Vitalität beschreiben, das wilde Geschöpf, das die Extreme des Landes veranschaulicht. Barack Obama wollte das Beste von Amerika vertreten. Trump wird genau das Gleiche tun, aber umgekehrt: Er ist der schlechteste US-amerikanische Kandidat."

In der Huffington Post vertrat Galanty Miller sechs Tage nach Trumps Antrittsrede die Meinung, dass er tatsächlich ernst zu nehmen sei – aber nur, weil er eben kandidiert. Denn selbst Miller, der ein Loblied auf den Kandidaten verfasst hat, schrieb dass er keine Chance gegen seine republikanischen Gegenkandidaten haben werde. Miller irrte gewaltig.

"Er wird sich zurückziehen"

James C. Moore, Kommentator von CNN, hatte bereits 2013 geschrieben, dass der Milliardär niemals ins Rennen um das Weiße Haus eintreten werde. Da er erstens eine Niederlage nicht verkraften würde und zweitens es nur ein Marketingstreich wäre. Trump erinnerte Moore per E-Mail an seine Worte. Und dieser antwortete öffentlich: "Trump wird sich aus seiner Kandidatur zurückziehen, bevor es ernst wird. Er wird seiner Marke einen Aufschwung gegeben haben und sein Lachen wird lauter sein als unseres."

Auch wenn viele Kommentatoren und Kolumnisten bei den Chancen Trumps eklatant daneben lagen, waren sich alle einig: "Donald Trumps Kandidatur ist großartige Unterhaltung. Aber schlecht für die Politik."

"Trump wie Hotdog-Pizza"

Der Comedian Jon Stewart, damals noch Host der Daily Show, bezeichnete Trump im Juli 2015 noch als kleinen Sommerflirt, bevor das Land im Herbst in die Realität zurückkehren werde. Trump sei ein Kandidat wie eine Hotdog-Pizza: "Du wolltest nie eine, hast nie eine bestellt, du verstehst nicht, warum sie dir serviert wurde, und plötzlich ist es das einzige, was du essen willst." Das trifft es doch. Irgendwie.

Glaubt ja nicht, dass Trump gewinnt

Kolumnist verspeiste falsche Prognose

Eine noch herbere kulinarische Strafe hat sich der Kolumnist Dana Milbank von der Washington Post auferlegt. Er hatte im Oktober 2015 versprochen, dass er einen seiner Kommentare aufessen würde, sollte Donald Trump tatsächlich Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden. Dies würde niemals eintreten.

Am 26. Mai 2016 erreicht Trump die notwendige Delegiertenzahl für die republikanische Nominierung.

Am 20. Juli 2016 wird Trump von den Republikanern auf ihrem Parteitag offiziell als Präsidentschaftskandidat nominiert.

Kolumnist Dana Milbank hielt Wort und ließ sich ein achtgängiges Menü servieren, darunter Knödel mit Zeitungsschnipsel, auf Zeitungspapier geräuchertes Wagyu-Steak und ein Zeitungs-Falafel.

In der Nacht auf den 9. November 2016 gewann Donald J. Trump die Präsidentschaftswahlen. Er ist somit gewählter Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.

[Update: Trump wird Präsident]

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