UNO: Syrien behindert Hilfe für Bevölkerung

Symbolbild: Ein Hilfskonvoi in Syrien 2015
Bürokratische Hürden erschweren laut Vereinten Nationen die Versorgung der leidenden Bevölkerung. 4,7 Millionen Menschen seien darauf angewiesen. Assad will derweil von einer Rolle der EU beim Wiederaufbau nichts wissen.

Die syrische Regierung erschwert mit bürokratischen Hürden die zügige Versorgung der leidenden Bevölkerung mit Hilfsgütern. Diese Kritik übte am Dienstag Yara Sharif, eine Sprecherin des UNO Sonderbeauftragten für Syrien. Von 21 angemeldeten Konvois sei im Jänner nur einer tatsächlich durchgekommen. Am 5. Februar habe ein zweiter Konvoi Nahrungsmittel, Medikamente und andere Hilfsmittel nach Talbiseh in der Region Homs geschafft. Mehr als 4,7 Millionen Menschen seien dringend auf die Hilfe angewiesen.

Auch in Aleppo sei die Lage weiter prekär. Die Stadt sei zwar seit der Vertreibung der Rebellen zugänglich, aber noch immer hätten 1,8 Millionen Menschen keine Wasserversorgung. Das Wasserreservoir liegt in Gebieten, die nicht von der Regierung beherrscht werden. Seit dem 14. Jänner fließt kein Wasser mehr. Die Lage in der schwer zerstörten Stadt sei desolat.

Assad gibt EU keine Rolle beim Wiederaufbau in Syrien

Syriens Präsident Bashar al-Assad sieht unterdessen keine Rolle für die Europäische Union beim Wiederaufbau des Landes. In einem Interview mit dem flämischen Sender VRT sagte er laut der syrischen, staatlichen Nachrichtenagentur Sana: "Man kann diese Rolle nicht spielen, während man Syrien zerstört". Assad warf der EU erneut vor, die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und andere terroristische Gruppen in Syrien zu unterstützen.

Das Gespräch des flämischen Senders wurde in Damaskus aufgenommen und wurde von anderen belgischen Medien kritisiert. De Staandard bezeichnete es als handzahm und von der syrischen Zensur beeinflusst. Assad hätte großzügig Kritik austeilen dürfen, wäre für seine Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung aber selbst kaum zur Rede gestellt worden.

Ein neuer Bericht über systematische Massenhinrichtungen in syrischen Gefängnissen erhöht den Druck auf die Regierung in Damaskus. "Der Bericht sollte ein Neustart für eine Diskussion über das sein, was wir seit fünf Jahren sagen: dass das Regime ein kriminelles Regime ist", erklärte ein Sprecher des Oppositionsbündnisses Nationale Syrische Koalition, Ahmed Ramadan, am Dienstag.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) forderte die Vereinten Nationen zu einer Untersuchung auf. Internationale Beobachter müssten Zugang zu syrischen Gefängnissen erhalten, sagte Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty in Deutschland. Ramadan erklärte, in den Gefängnissen des Regimes seien Tausende ohne Prozess hingerichtet worden. Die meisten seien willkürlich festgenommen worden.

Folter und Vergewaltigung

Laut dem neuen Bericht von Amnesty ließ Syriens Regierung zwischen 5.000 und 13.000 Gefangene bei Massenhinrichtungen töten. Die Menschen wurden von 2011 bis 2015 in dem berüchtigten Militärgefängnis Saidnaya nahe Damaskus ohne ein rechtsstaatliches Verfahren gehängt, wie es in dem Amnesty-Bericht weiter heißt. Bei den meisten Hingerichteten habe es sich um Zivilisten gehandelt.

Syriens Regierung setze die Gefangenen in Saidnaya zudem bewusst unmenschlichen Haftbedingungen aus, kritisierte Amnesty. So komme es zu Folter, Vergewaltigungen oder dem Entzug von Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung. Durch diese "Vernichtungspolitik" sei eine riesige Zahl an Häftlingen getötet worden.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Bei diesen Praktiken handle es sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, erklärte Amnesty weiter. Sie seien von höchster Stelle der syrischen Regierung genehmigt worden. Ziel sei es, jede abweichende Meinung in der syrischen Bevölkerung zu vernichten. Es gebe starken Grund zur Annahme, dass dies bis heute weitergehe.

Dem Bericht zufolge wurden die Insassen vor der Hinrichtung in Schnellverfahren von einem Militärgericht zum Tode verurteilt. Die Erkenntnisse stützen sich nach Angaben von Amnesty auf Interviews mit 84 Zeugen, darunter mit früheren Wächtern und Offiziellen, Insassen, Richtern und Anwälten.

Bereits im vergangenen August hatte Amnesty angeprangert, seit dem Ausbruch des syrischen Aufstands im Frühjahr 2011 seien in den Gefängnissen der Regierung fast 18 000 Menschen ums Leben gekommen. Die Häftlinge seien dort vom ersten Moment an schwerer Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt gewesen.

Nach Schätzungen syrischer Menschenrechtler sind seit 2011 sogar bis zu 50.000 Menschen in Regierungsgefängnissen gestorben, viele durch Folter. Vor drei Jahren waren mehr als 50.000 Fotos von Toten bekannt geworden, die ein früherer Militärfotograf mit dem Decknamen Caesar 2013 aus dem Land geschmuggelt hatte. Die Bilder zeigen Tausende ausgemergelte Leichen mit schweren Misshandlungsspuren.

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