Rechte Gruppen auf der Jagd nach Migranten

Budapester Bahnhof Keleti: Rechtsradikale demonstrierten gegen Flüchtlinge.
Hetzkampagnen gegen Flüchtlinge. Ungarische Bürger wehren sich.

Vergangene Woche tauchten sie zum ersten Mal auf dem Budapester Ostbahnhof Keleti auf: Eine Gruppe rechtsradikaler Jugendlicher, die vor den Augen erschrocken wartender Flüchtlinge skandierten: "Die Zeit ist reif! Wir müssen uns verteidigen. Ungarn ist kein Flüchtlingslager!"

Als die jungen Männer der Organisation "64 Burgkomitate", die der extrem rechten Parlamentspartei Jobbik nahesteht, auf Migranten losgehen wollten, schritt die Polizei ein. Doch die Jugendlichen drohten, wiederzukommen. Regelmäßig wollen sie von nun an Demonstrationen abhalten – gegen Flüchtlinge, oder, wie es einer der führenden Köpfe der ultra-rechten Gruppe formulierte: "Gegen die einfallenden Horden aus Afrika".

Angst vor Übergriffen

Großen Ärger von der zahlenmäßig kleinen Extremistengruppe fürchtet Julia Ivan, Anwältin bei der Menschenrechtsorganisation Ungarisches Helsinki Komitee, noch nicht. Mehr Sorgen bereiten ihr da schon, wie sie dem KURIER bestätigt, die Hetzkampagnen gegen Flüchtlinge im Internet. "Manche Webseiten wurden schon geschlossen, aber immer mehr Seiten haben extrem gewalttätige Inhalte. Und wir, die wir mit Flüchtlingen arbeiten, haben Angst, dass in so einem Klima etwas Schlimmes passieren kann."

An der ungarisch-serbischen Grenze wiederum tauchte zuletzt eine paramilitärische Gruppe auf, die sich zum Ziel gesetzt hat, Jagd auf Migranten zu machen. Noch konnte die Polizei Schlimmeres verhindern, doch die T-Shirts, mit denen die stiernackigen jungen Männer zuletzt vor Kameras posierten, lassen Übles erahnen: "Nur der Tod kann der Lohn sein für Einwanderer", steht darauf gedruckt zu lesen.

Gegen den wachsenden rechts-extremen Druck auf Flüchtlinge machen aber auch mehr und mehr ungarische Bürger mobil. An die zweitausend Budapester versammelten sich am Dienstag Abend am Bahnhof Keleti, um ihre Solidarität mit den Flüchtlingen zu zeigen.

Private Helfer

An die tausend Flüchtlinge überschreiten derzeit täglich die Grenze zwischen Serbien und Ungarn. 70.000 Menschen haben allein heuer in Ungarn um Asyl angesucht. "Das staatliche Betreuungssystem in Ungarn hat aber nur 3500 Plätze", schildert Menschenrechtsaktivistin Julia Ivan. Die meisten Migranten machen sich auf den Weg nach Westen, viele aber stranden irgendwo, ohne Obdach, ohne Essen, ohne Information. Tausende Ungarn haben deshalb begonnen, privat zu helfen, schildert Julia Ivan: "Die Leute bringen Essen oder Decken, geben Tipps oder helfen den Migranten, wo sie Hilfe brauchen. Das ist eine unkoordinierte, aber mittlerweile riesige Bewegung geworden."

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