Ungarn: Erste Flüchtlingsinternierung gestoppt
In Ungarn werden Asylbewerber künftig in zwei Container-Lagern unmittelbar an der Grenze zu Serbien festgehalten werden. Dies betrifft auch unbegleitete Minderjährige, die älter als 14 Jahre sind, sieht eine am Dienstag in Kraft getretene Verschärfung der Asylgesetze vor.
Asylbewerber, die bisher in Heimen im ganzen Land untergebracht sind, sollen in die sogenannten "Transitzonen" - die beiden Container-Lager bei Röszke und Tompa - gebracht werden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg stoppte noch am späten Montagabend mit einer einstweiligen Verfügung die Verlegung von acht Jugendlichen und einer schwangeren Frau aus dem Kinderheim in Fot bei Budapest in die Lager.
Liste an Fragen
Das Eingreifen des Straßburger Gerichtes war vom Ungarischen Helsinki-Komitee initiiert worden. In einer Aussendung erklärte das Komitee, dass das neue Asylgesetz individuelle Fluchtgründe völlig unberücksichtigt lasse. Vor diesem Hintergrund habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte der ungarischen rechtskonservativen Regierung eine Frageliste erstellt, die bis 10. April beantwortet werden muss. Damit sollen die Lebensbedingungen in den Container-Dörfern, die Ausbildung des Personals, Weiterbildungsmöglichkeiten und medizinische Versorgungen geklärt werden.
Unter anderen wollen die Straßburger Richter wissen, ob in den "Transitzonen" den besonderen Bedürfnissen Asylsuchender Rechnung getragen werde und ob das dafür nötige Fachpersonal vorhanden sei.
Brüssel äußert sich zurückhaltend
Der EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos äußerte sich indes zurückhaltend zu den neuen asylrechtlichen Bestimmungen. Diese seien im Gespräch mit dem ungarischen Innenminister Sandor Pinter und Justizminister Laszlo Trocsanyi diskutiert worden, sagte er am Dienstag vor Journalisten in Budapest. "Im freundschaftlichen Geiste der positiven Kooperation beschlossen wir, über unsere Experten zusammenzuarbeiten, um zu gewährleisten, dass auch den EU-Regeln Rechnung getragen wird", fügte er hinzu.
Die Regierung des rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban schottet Ungarn seit dem Herbst 2015 gegen Flüchtlinge und Migranten ab. An den Grenzen zu Serbien und Kroatien stehen Stacheldrahtzäune, die an einigen Stellen zu massiven Grenzsperren ausgebaut wurden. Um Asyl bewerben können sich Flüchtlinge nur in den beiden "Transitzonen", die unmittelbar am Grenzzaun stehen. Die Behörden schränken den Zugang ein, in dem sie nur ein paar Dutzend Asylsuchenden pro Woche Einlass gewähren. Flüchtlinge, die den Grenzzaun auf eigene Faust überwinden und dabei ertappt werden, schickt Ungarn zurück nach Serbien. Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen werfen den ungarischen Behörden vor, die Flüchtlinge dabei zu misshandeln.
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