Ungarn: Fidesz-Urgestein wird als Präsident wiedergewählt

Janos Ader: Für die Linken ist er ein "Parteisoldat".
Neuerliche Nominierung von Jonas Ader durch Orbans Partei kam überraschend. Parteilose Gegenkandidat chancenlos.

Das ungarische Parlament wählt am Montag einen neuen Staatspräsidenten, und es wird Amtsinhaber Janos Ader sein. Die rechtskonservative Regierungspartei Fidesz, die in der Volksvertretung über eine erdrückende Mehrheit verfügt, hat sich nämlich schon im Dezember auf eine zweite Amtszeit für Ader festgelegt. Von der Opposition als "Parteisoldat" kritisiert, kommt der Jurist beim Volk gut an.

Gegenkandidat ohne Chance

Das Fidesz-Urgestein war im Mai 2012 mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Amt gewählt worden. Diesmal dürfte er diese verfehlen, weil die Orban-Partei genau ein Mandat auf diese fehlt. Im zweiten Wahlgang reicht aber schon die einfache Mehrheit im 199-köpfigen Parlament. Der von der linksliberalen Opposition ins Rennen geschickte parteilose Gegenkandidat Laszlo Majtenyi gilt als chancenlos. Die rechtsextreme Jobbik-Partei hat überhaupt auf eine Kandidatur verzichtet.

Vorgänger musste wegen Plagiats-Affäre zurücktreten

Ungarn: Fidesz-Urgestein wird als Präsident wiedergewählt
Hungarian President Pal Schmitt, right, and Prime Minister Viktor Orban, left, are on their way to the presidential office after Schmitt announced his resignation during the plenary session of the Parliament in Budapest, Hungary, Monday, April 2, 2012. He resigned after losing his doctorate in a plagiarism scandal. Schmitt, elected in 2010 for a five-year term in a largely ceremonial position, says he is stepping down because his "personal issue" is diving Hungary. (Foto:MTI, Laszlo Beliczay/AP/dapd)
Ader war 2012 in geheimer Wahl zum Staatspräsidenten gewählt worden, nachdem sein Vorgänger Pal Schmitt wegen der Aberkennung seines Doktortitels aufgrund einer Plagiats-Affäre zurücktreten musste. Ader war während der ersten Orban-Regierung (1998-2002) Parlamentspräsident, von 2009 bis 2012 saß er im Europaparlament.

Linke kritisieren ihn als "Marionette"

Ader, der oft als humorloser und trockener Charakter bezeichnet wird, gilt bei der linksliberalen Opposition als "Parteisoldat" und "Marionette". Ganz so auf Linie war der 57-Jährige aber nicht. In seiner fünfjährigen Amtszeit rief der studierte Jurist fünf Mal das Verfassungsgericht an und schickte 27 Gesetze zurück ans Parlament, berichtet der Politikwissenschafter Zoltan Kiszely im APA-Gespräch. Allerdings habe es sich dabei nur um "schwache" politische Vetos gehandelt, nicht um verfassungsrechtliche.

Orban dürfte das aber zeitweise schon zu viel Sand im Getriebe gewesen zu sein. So war im Vorjahr aus Fidesz-Kreisen zu hören, dass der seine Partei straff führende Ministerpräsident keine weitere Amtszeit Aders an der Staatsspitze wolle. Somit kam der Beschluss der Fidesz-Führung, doch noch einmal Ader ins Rennen zu schicken, kurz vor Weihnachten letztlich überraschend.

Beliebt

Beigetragen haben dazu vielleicht auch Umfragewerte. In einer aktuellen Umfrage des Instituts "Nezöpont" unterstützten 63 Prozent der Befragten eine Wiederwahl Aders, nur 27 Prozent sprachen sich dagegen aus. Von solchen Werten kann Fidesz, die schon bei der Parlamentswahl im Jahr 2014 deutlich unter die 50-Prozent-Marke gefallen war, nur träumen. Ader sei ein beliebter Politiker, der auch Zuspruch unter Oppositionsanhängern habe, sagte Kiszely der APA.

Während er sich in der Flüchtlingsfrage eher bedeckt hielt, versuchte sich Ader in seiner ersten Amtszeit als "grüner" Präsident zu profilieren. Das politische Steckenpferd des passionierten Anglers ist der Wasserschutz, dem er im Vorjahr sogar einen europäischen Gipfel in Budapest widmete. Politikexperte Kiszely glaubt nicht, dass Ader in seiner zweiten Amtszeit politisch forscher auftreten werde. Seine Vetos werden weiterhin rein politischer Natur sein, und somit vom Parlament einfach überstimmt werden können. Beobachter schließen aber nicht aus, dass Ader auf Distanz zur Fidesz-Regierung gehen könnte, um die Zuschreibung der Orban-Marionette abzuschütteln.

Für die Opposition ist die Präsidentenwahl eine Gelegenheit, Einigkeit gegenüber der Orban-Regierung zu beweisen. Insofern ist die Einigung auf den Rechtswissenschaftler Majtenyi ein "symbolischer Akt" gut ein Jahr vor den Parlamentswahlen, analysierte Kiszely. Dass Jobbik auf einen eigenen Kandidaten verzichtet habe, sei indes ein Widerspruch zum Anspruch der rechtsextremen Partei, die politische Führung im Land zu übernehmen.

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