Terroranschlag in Charkiw überschattet Gedenken
Sie waren zusammengekommen, um in Charkiw den politischen Sieg vor einem Jahr und der ukrainischen Soldaten zu gedenken, die gegen die pro-russischen Separatisten in der Region kämpfen. Doch die Kundgebung in der Stadt, die nicht in der Hand der Rebellen ist, endete in einem Blutbad. Attentäter warfen am Sonntag aus einem fahrenden Auto einen Sprengsatz in die Menge. Mindestens drei Menschen starben, zahlreiche weitere wurden verletzt. Die lokale Polizei sprach von einem Terroranschlag und nahm vier mutmaßliche Täter fest. Dabei seien auch Waffen, darunter ein Granatwerfer, sichergestellt worden.
Für die EU nahm Ratsvorsitzender Donald Tusk an dem Marsch teil. Auch der deutsche Staatschef Joachim Gauck war gekommen, er ging eingehakt Seite an Seite mit seinem ukrainischen Amtskollegen Petro Poroschenko. Die drei baltischen Republiken waren ebenfalls höchstrangig vertreten. Sie demonstrierten ihre Solidarität mit den Ukrainern gegen die aggressive Politik des Kremls, von der sie sich als "Frontstaaten" mehr als alle anderen EU-Länder bedroht fühlen.
Krim-Korridor?
Auf der anderen Seite aber gibt es Berichte aus Kiew, wonach abermals russische Panzer die Grenze überschritten hätten. Insbesondere um die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol seien Truppenkonzentrationen registriert worden. Das lässt bei den ukrainischen Streitkräften gleichermaßen die Alarmglocken läuten wie bei der Regierung unter Poroschenko. Denn fiele die Stadt, wäre der Weg Richtung Krim frei. Und damit ein Landkorridor von Russland auf die annektierte Halbinsel.
Das Maidan-Massaker und die Folgen
Ist das Papier, über das die Moskauer Tageszeitung Nowaja Gaseta verfügt, tatsächlich echt, dann hatte der Kreml von Anfang an ein klares Drehbuch für die Einverleibung der Halbinsel Krim und in weiterer Folge für die Ostukraine. Denn in dem Strategie-Dokument heißt es laut dem Chefredakteur des Blattes, Dmitrij Muratow, dass man "auf die Zentrifugalbestrebungen verschiedener Regionen setzen müsse, mit dem Ziel den Anschluss der östlichen Gebiete an Russland zu initiieren". Namentlich seien die Krim und die Regionen um Charkiw erwähnt, so Muratow, der das Papier kommende Woche zur Gänze veröffentlichen will.
Erstellt worden sei das Schriftwerk zwischen dem 4. und 15. Februar 2014 – also vor dem Sturz des Moskau-treuen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch, der gestern vor einem Jahr stattfand. Doch auf den befreundeten Staatschef gab man in Russland nur mehr wenig: Mit seinem (erzwungenen) Abgang sei jederzeit zu rechnen, heißt es angeblich in dem Papier.
Oligarch mischte mit
Verfasst worden sei es von mehreren Personen und dann dem Kreml zugetragen worden, der es laut dem Chefredakteur für gut befunden hat. Einer der Autoren sei der russische Oligarch Konstantin Malofejew, der sich selbst als "Monarchisten" bezeichnet. Der 39-Jährige soll den Aufruhr auf der Krim geschürt haben, unter anderem dadurch, dass er dem "Volksbürgermeister" von Sewastopol, der Haupt-Stadt der Halbinsel, eine Million Dollar überwiesen habe.
Und über Malofejewes früheren PR-Berater Alexander Borodai führt auch eine Spur zu den pro-russischen Separatisten in die Ostukraine: Borodai war bis August des Vorjahres "Premierminister" der "Volksrepublik Donezk".
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