Poroschenko kündigt einseitige Feuerpause an

Petro Poroschenko: Krisentelefonat mit Putin, Merkel und Hollande.
In der Nacht telefonierte Poroschenko mit seinem russischen Amtskollegen Putin über eine Waffenruhe. Russland empfindet diesen Vorschlag als unzureichend.

Der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, hat im Kampf gegen prorussische Separatisten im Osten des Landes einen einseitigen Waffenstillstand der Regierungstruppen angekündigt. Einen Zeitpunkt dafür nannte er aber nicht. Sein Friedensplan sehe eine "sehr kurze" Feuerpause vor, in der die Aufständischen ihre Waffen abgeben und auf eine Amnestie hoffen könnten, sagte Poroschenko am Mittwoch in Kiew.

Nächtliches Telefonat mit Putin

Bei Telefonaten mit Russland Präsident Wladimir Putin und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel hatte er in der Nacht zuvor über die Lage in der Ostukraine gesprochen. Verteidigungsminister Michail Kowal sagte, die Armee könnte das Feuer "in den nächsten Tagen" einstellen. Die Aufständischen lehnten das Angebot jedoch ab. "Wir werden die Waffen nicht strecken", sagte Separatistenführer Miroslaw Rudenko in Donezk. Russland empfindet diese Feuerpause allerdings als unzureichend: "Wir erwarten einen allumfassenden Waffenstillstand und keine kurze Feuerpause", sagte Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch.

Poroschenko bezeichnete die Gefechte in der Ex-Sowjetrepublik als "Kriegszustand". "Es ist ein Krieg neuen Typs - unter Ausnutzung professioneller Sabotagetrupps sowie der Bevölkerung und von Freiwilligen, die mit Propaganda einer Gehirnwäsche unterzogen wurden", erklärte der Staatschef. Nach monatelangen blutigen Kämpfen mit Hunderten Toten brauche die Ukraine dringend Frieden. "Aber das darf kein Frieden um jeden Preis sein, sondern ein stabiler Frieden zum Schutz unserer Bürger", unterstrich er. "Wir werden siegen."

Poroschenko nominierte am Mittwoch auch einen neuen Außenminister: Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Pawlo Klimkin, soll das Amt bekleiden. Klimkin gilt als erfahrener proeuropäischer Diplomat. Er hatte wesentlichen Anteil an den Gesprächen über ein Assoziierungsabkommen der Ukraine und der EU. Die Absage dieses Abkommens war ja einst die Initialzündung für die Maidan-Proteste gewesen.

TV-Journalist in der Ostukraine getötet

Unterdessen wurde bekannt, dass am Dienstag ein zweiter russischer TV-Journalist bei Kämpfen in der Ostukraine getötet wurde. Der erste war am Dienstag nahe der Rebellenhochburg Lugansk (Luhansk) unter Beschuss geraten und schwer verletzt worden. Er wurde bewusstlos ins Krankenhaus der Stadt gebracht und starb nach Ärzte-Angaben auf dem Weg in den Operationssaal. Der ukrainische Außenminister Andrej Deschtschiza bedauerte den Tod der Reporter, der wohl von den ukrainischen Sicherheitskräften verursacht worden war. Die Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates forderten eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls.

In dem Telefonat in der Nacht soll sich laut Kreml auch Putin besorgt über den Tod der beiden Journalisten geäußert haben. Er habe gefordert, die Sicherheit von Reportern in der Region müsse sichergestellt werden. Poroschenko habe eine Untersuchung zugesagt.

Gefechte und Explosion

Erneut kamen am Dienstag zahlreiche Menschen bei Kämpfen zwischen Regierungseinheiten und Separatisten im Osten des Landes ums Leben. UN-Beobachter haben den prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine die Tötung von Zivilisten, Folter und weitere schwere Verletzungen der Menschenrechte vorgeworfen. Bewaffnete Gruppen in den Regionen Donezk und Luhansk hätten eine Atmosphäre ständiger Angst geschaffen, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der UN-Mission zur Überprüfung der Menschenrechtslage in der Ukraine.

Am Rande der Kämpfe kam es zu einer Explosion an einer Leitung für den Export von russischem Gas Richtung Westen. Nach der mächtigen Explosion bekräftige Innenminister Arsen Awakow, er gehe von Sabotage aus. Unter einer Stütze der Pipeline zwischen den russischen Urengoi-Gasfeldern und der ukrainischen Grenzstadt Uschgorod könnte ein Sprengsatz angebracht worden sein, teilte Awakow mit. "Seit Wochen gibt es Hinweise, dass der Ruf der Ukraine als Transitland beschädigt werden soll", sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk.

Experten äußerten hingegen Zweifel an einem terroristischen Hintergrund. "Seit zwei Jahren machen wir auf den technisch erbärmlichen Zustand dieser Pipeline aufmerksam", sagte der Verwaltungschef der Region Poltawa, Viktor Bugaitschuk. Statt Teile auszutauschen, habe der ukrainische Versorger Naftogaz die Leitung stets nur notdürftig repariert.

Auch der Vizechef des russischen Gazprom-Konzerns, Witali Markelow, zweifelte an der Darstellung der ukrainischen Regierung. Die Lieferungen von russischem Gas nach Westeuropa seien von der Panne nicht betroffen, sagte er der Agentur Interfax in Moskau.

Der russische Energiekonzern Gazprom warf der Ukraine vor, ihr Gasleitungsnetz nicht ordentlich zu warten. Russland investiere viel in die Instandhaltung der Leitungen, sagte der Vizechef von Gazprom, Witali Markelow, am Mittwoch. In der Ukraine sei das anders. "Die Gasleitungen werden alt, und darum gibt es Unfälle", fügte er hinzu. Ähnliche Zwischenfälle habe es in der Ukraine schon öfter gegeben. Am Dienstag war in der nordöstlichen Region Poltawa die "Transsibirische Pipeline" explodiert, durch die Gas in die Staaten der Europäischen Union fließt.

Poroschenkos Friedensplan

Die Vorfälle belasten die Umsetzung des Friedensplans von Präsident Poroschenko. Damit betraut wurde Irina Geraschtschenko als Sonderbeauftragte für die Krisenregionen Donezk und Lugansk. Sie solle den Dialog mit den Aufständischen vor allem in der selbst ernannten "Volksrepublik Donezk" suchen, die wie die "Volksrepublik Lugansk" nach Unabhängigkeit strebt. Geraschtschenko ist Parteigenossin des Ex-Boxers und Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko.

Bei einem Telefonat stellte Poroschenko seinen Friedensplan auch der deutschen Kanzlerin Angela Merkel vor. Dazu gehöre eine zehn Kilometer breite Pufferzone entlang der Grenze zu Russland, um Nachschub für militante Gruppen zu verhindern, hieß es. Die Separatisten erklärten sich grundsätzlich zu Gesprächen bereit, verlangten aber, dass Vermittler Russlands oder internationaler Organisationen hinzugezogen würden.

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