Neue Proteste nach brutalem Polizeieinsatz

Auch am Samstag wurde weiter demonstriert.
Dutzende Janukowitsch-Gegner wurden festgenommen. Die Opposition bereitet neue Proteste vor.

Die Lage in der Ukraine eskaliert weiter: Nach einem massiven Einsatz der ukrainischen Polizei gegen EU-Befürworter mit Dutzenden Verletzten hat die Opposition zum Gegenschlag ausgeholt. Regierungsgegner drohten mit einem Generalstreik und riefen für diesen Sonntag zu neuen Massenprotesten gegen Präsident Viktor Janukowitsch auf. Die EU und die USA verurteilten den Polizeieinsatz. Am Abend distanzierte sich auch Janukowitsch.

Opposition fordert Rücktritt der Regierung

Neue Proteste nach brutalem Polizeieinsatz
Vitaly Klitschko (front), heavyweight boxing champion and UDAR (Punch) party leader, addresses supporters of EU integration during a rally in Kiev, November 30, 2013. Ukraine's political opposition on Saturday said it would call a country-wide general strike to force the resignation of President Viktor Yanukovich's government after police used batons and stun grenades to break up pro-Europe protests. REUTERS/Vasily Fedosenko (UKRAINE - Tags: POLITICS CIVIL UNREST SPORT BOXING)
Die Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko forderte den Rücktritt der Regierung sowie vorgezogene Neuwahlen und rief die EU zu Sanktionen gegen Janukowitsch auf. Aus der Haft rief Oppositionsführerin Julia Timoschenko die Menschen auf, bis zu einem friedlichen Regierungswechsel die Proteste fortzusetzen. "Vereinigt Euch und stellt die Gerechtigkeit in Eurem Staat wieder her. Nehmt die Macht in Eure Hände", schrieb die Ex-Regierungschefin.

Proteste dauern an

In Kiew gingen am Samstagabend auf dem zentralen Michaelsplatz mehr als 10.000 Menschen gegen die Regierung und für eine Westanbindung ihres Landes auf die Straße. Dabei blieb es zunächst ruhig. Die Sicherheitskräfte hielten sich demonstrativ zurück. Der Unabhängigkeitsplatz, wo sich die Protestierer zuletzt versammelt hatten, war nach dem Polizeieinsatz abgeriegelt.

Verletzte und Festnahmen

Am frühen Morgen hatte die Polizei-Spezialeinheit "Berkut" gewaltsam eine Kundgebung für einen EU-Kurs der Ex-Sowjetrepublik aufgelöst und 35 Menschen vorübergehend festgenommen. Dutzende wurden verletzt. Janukowitsch hatte sich zuvor unter dem Druck Russlands geweigert, ein Partnerschaftsabkommen mit der EU zu unterzeichnen.

Janukowitsch fordert Untersuchung

"Ich verurteile die Handlungen, die zu gewaltsamer Konfrontation und Verletzungen geführt haben", sagte Janukowitsch am Abend einer Mitteilung der Präsidialkanzlei zufolge. Er forderte eine unabhängige Untersuchung und eine Bestrafung der Schuldigen. Auch Regierungschef Nikolai Asarow kritisierte die Sicherheitskräfte. Mehrere Abgeordnete der regierenden Partei der Regionen erklärten ihren Rücktritt aus der Fraktion.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und der für Nachbarschaftspolitik zuständige EU-Kommissar Stefan Füle kritisierten den "ungerechtfertigten Einsatz von Gewalt". Die Demonstranten hätten lediglich "in starker und beispielloser Weise ihre Unterstützung für die politische Assoziierung und wirtschaftliche Integration der Ukraine mit der EU bekundet", hieß es in einer Erklärung. Das US-Außenministerium rief die Ukraine auf, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ihrer Bürger zu schützen.

Polizei kontert

Die Polizei betonte hingegen, Beamte seien mit Flaschen und Mülleimern beworfen worden. Dabei seien zwölf Einsatzkräfte verletzt worden. Polizeichef Waleri Korjak verteidigte seine Leute, sie seien provoziert worden. Er bot aber indirekt seinen Rücktritt an.

Proteste auch außerhalb Kiews

Auch in der westukrainischen Großstadt Lwiw (Lemberg) protestierten erneut etwa 10.000 Menschen gegen die Regierung. Bürgermeister Andrej Sadowy warnte die Behörden davor, die Proteste aufzulösen. "Sonst geht in Lwiw die ganze Stadt auf die Straße", sagte Sadowy. In der russischsprachigen Millionenstadt Charkow im Osten demonstrierten unterdessen Tausende EU-Gegner.

Die Ukraine hatte am Freitag auf dem EU-Gipfel zur Östlichen Partnerschaft in Vilnius eine engere Zusammenarbeit und freien Handel mit der EU vereinbaren sollen. Nachdem Russland dem Nachbarland mit Handelssanktionen gedroht hatte, legte Kiew das Assoziierungsabkommen jedoch kurzfristig auf Eis. Der zweitgrößte Flächenstaat Europas ist in der Frage einer Annäherung an die EU tief gespalten.

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