Waffen für die Ukraine? Obama bremst

Separatisten in Donezk - die Armee ist materiell unterlegen.
Immer mehr US-Politiker und Militärs fordern Waffenlieferungen an die Ukraine. Nur Obama wehrt sich gegen Aufrüstung.

Die Diplomatie hat vorerst ausgedient, jetzt muss man Wladimir Putin in der Ukraine mit Waffengewalt entgegentreten: Das ist die martialische Botschaft, mit der einflussreiche US-Politiker und Militärs in diesen Tagen an die Öffentlichkeit gehen. Mit Persönlichkeiten wie dem ehemaligen NATO-Oberbefehlshaber Wesley Clark, oder dem ehemaligen US-Botschafter bei der NATO, Ivo Daalder, an der Spitze macht man in Washington Stimmung für Waffenlieferungen an die Ukraine. "Jetzt", so der Titel von Daalders Gastkommentar in der Financial Times, "ist die Zeit gekommen, um Waffenhilfe für die Ukraine zu leisten".

Verhandlungen mit Putin hätten zurzeit keinen Sinn, macht John Herbst, einer der Köpfe der Initiative in Washington, gegenüber dem KURIER deutlich: "Er hat sämtliche Verträge zur Ukraine vom ersten Tag an gebrochen." Der langjährige US-Botschafter in der Ukraine (2003–2006) sieht daher derzeit nur eine Strategie, um Russland in der Ukraine entgegenzutreten: "Putin muss endlich einen hohen Preis für seine Besatzungspolitik leisten. Er wird erst einlenken, wenn noch viel mehr russische Soldaten in der Ukraine gefallen sind."

Im politischen Washington, gibt sich Herbst siegessicher, "verstehen die meisten inzwischen sehr gut, was zu tun ist." Tatsächlich hat das Repräsentantenhaus schon im Dezember eine Resolution verabschiedet, die grünes Licht für Waffen an die Ukraine gibt. Eine ähnliche Resolution soll in den nächsten Tagen im Senat abgewunken werden. Nur Präsident Obama widersetzt sich bisher den Plänen. Herbst: "Er versteht den Konflikt einfach nicht – und vor allem nicht, dass für eine Lösung eine Führungsrolle der USA nötig ist."

Beratungen mit Armee

Doch nicht nur in Washington sind Clark und seine Mitstreiter aktiv, sondern auch in der Ukraine selbst. In den vergangenen Wochen war man gemeinsam in der Ukraine unterwegs. Dort hat man sich nicht nur mit der Regierung in Kiew, sondern auch mit der Führung der Armee beraten. So hat man inzwischen konkrete Pläne, welche Waffen notwendig sind, um den Vorstoß der von russischer Seite frisch aufgerüsteten und personell verstärkten pro-russischen Milizen zu stoppen. Es geht um panzerbrechende Waffen, Raketenabwehr und Panzerfahrzeuge. Derart hochgerüstet könne man auch den regulären russischen Armeeeinheiten, die inzwischen ganz offen im Krieg in der Ukraine mitmischen, entgegentreten.

In der Ukraine jedenfalls läuft man mit derartigen Vorstößen offene Türen ein. Sergij Leschtschenko, Abgeordneter der Präsidentenpartei "Block Petro Poroschenko" im Parlament gegenüber dem KURIER: "Russland hat einst die Souveränität der Ukraine vertraglich garantiert. Russland greift die Ukraine an – die USA haben die Verpflichtung die Ukraine zu versorgen." Leschtschenko bezieht sich auf das Budapester Memorandum von 1994, in dem die USA, Großbritannien und Russland der Ukraine, Weißrussland sowie Kasachstan im Austausch für dort stationierte Atomwaffen territoriale Integrität zusicherten.

Klar ist: Von ukrainischer Seite zählt man in Sachen Waffenhilfe auf die USA und nicht auf EU-Staaten – vor allem auch nach der Wahl in Griechenland. Die neue Regierung in Athen hat ja bereits angekündigt, neue Sanktionen gegen Russland blockieren zu wollen.

Europa steht vor einer brandgefährlichen Krise. So sieht es auch Michail Gorbatschow, letzter Staatschef der Sowjetunion. Die Verantwortung sieht er jedoch bei den USA: Diese hätten Russland in einen neuen Kalten Krieg gezogen. Ob dieser zu einem "heißen" Krieg führen werde, könne er nicht sagen.

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