Neue Anlauf für Waffenruhe in Ostukraine

Neue Anlauf für Waffenruhe in Ostukraine
Einigung für Luhansk und Donezker Flughafen. Die NATO wappnet sich mit "Speerspitze" gegen Russland.

Nach verlustreichen Kämpfen haben sich Offiziere der ukrainischen Regierungstruppen und die pro-russischen Separatisten auf eine Waffenruhe im Raum Lugansk geeinigt. Vom 6. Dezember an sollen beide Seiten schweres Kriegsgerät etwa 15 bis 20 Kilometer von der Frontlinie zurückziehen.

Auch in Donezk, der zweiten Rebellen-Hochburg, endeten neue Gesprächen – vorläufig – mit einem Durchbruch: Für den hart umkämpften Flughafen von Donezk wurde ebenfalls eine Feuerpause vereinbart. In Lugansk und Donezk hatten Separatisten Unabhängigkeitsreferenden abgehalten. Diese ergaben eine große Mehrheit für die Abspaltung von Kiew, werden aber international nicht anerkannt.

Anfang September hatten sich die Konfliktparteien in Weißrussland auf eine Waffenruhe und den Abzug schweren Kriegsmaterials verständigt. Doch bald setzten wieder heftige Gefechte ein, die neuerlich mehr als 1000 Todesopfer forderten.

Das Parlament in Kiew stimmte am Dienstag der neuen Regierung zu. Für Unmut bei der Opposition sorgte die Bestellung von drei Ausländern zu Ministern: Die Amerikanerin Natalia Jaresko (Finanzen), der Georgier Alexander Kwitsaschwili (Gesundheit) und der Litauer Aivara Abromavicius (Wirtschaft) waren zuvor im Eilverfahren eingebürgert worden.

Die expansive Politik Russlands lässt bei der NATO die Alarmglocken schrillen. Bei ihrem Treffen am Dienstag beschloss das westliche Verteidigungsbündnis konkrete Maßnahmen gegen mögliche Bedrohungen aus dem Osten des Kontinents. Kernstück ist die Schaffung einer „Schnellen Eingreiftruppe“, die diesen Namen auch verdient.

„Speerspitze“

Die Eliteeinheit, auch „Speerspitze“ genannt, soll binnen zwei bis fünf Tagen in Krisenregionen verlegt werden können und 2016 einsatzbereit sein. Intensiv vorantreiben werden dieses Projekt Deutschland, die Niederlande sowie Norwegen. Eine Schlüsselrolle für die Aufstellung der Truppe (4000 Mann) kommt dem Deutsch-Niederländischen Corps in Münster zu.

Nach der Annexion der Krim durch Russland und der anhaltenden Einmischung des Kremls in der Ostukraine war die NATO gefordert. Vor allem die baltischen Staaten mit ihren russischen Minderheiten befürchten, das nächste Opfer von Staatschef Putin zu sein. Auch Polen ist alarmiert und will nun sogar die freiwilligen Bürgerwehren aufrüsten – mit finanziellen Zuwendungen.

Die NATO schoss sich verbal auf Russland ein: Generalsekretär Jens Stoltenberg warf dem Kreml vor, die Minsker Vereinbarung für eine Waffenruhe in der Ukraine (siehe auch unten) nicht zu achten. Moskau müsse die Versorgung der pro-russischen Separatisten mit Panzern und Ausrüstung sofort beenden und seine „Truppen aus der Ukraine“ abziehen. „Wir verurteilen scharf Russlands anhaltende und vorsätzliche Destabilisierung der Ostukraine“, hieß es in der NATO-Erklärung. Zugleich kündigte das Bündnis an, Kiew bei der Modernisierung der Armee zu unterstützen. Dies betreffe die Bereiche Kommunikation, Logistik, Cyber-Abwehr und die Versorgung von Verletzten.

Moskau kontert

Russlands Gegenangriff: „Militärübungen, die Stationierung atomwaffenfähiger Flugzeuge in den baltischen Staaten“ durch die NATO hätten die „Zerstörung“ der Stabilität in Nordeuropa zur Folge, so der russische Vize-Außenminister Meschkow. Zudem warnte er Kiew vor einem NATO-Beitritt. Präsident Poroschenko hatte diesen per Referendum ins Spiel gebracht. Die Allianz: Jedes Land könne frei entscheiden.

Abseits der Ukraine-Frage gaben die NATO-Staaten grünes Licht für eine neue Afghanistan-Mission: „Resolute Support“ startet im Jänner mit 12.000 Soldaten aus 20 Ländern. Ihre Aufgaben sind Ausbildung und Beratung der Sicherheitskräfte des Landes, aber keine Kampfeinsätze.

Neue Anlauf für Waffenruhe in Ostukraine
Übersichtskarte mit Ukraine und NATO-Ländern, in denen Soldaten der NATO-"Speerspitze" stationiert werden, Factbox Grafik 1064-14-NATO.ai, Format 88 x 125 mm

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