Prorussische Separatisten wollen Gefangene austauschen

Ukrainische Soldaten in der Nähe des Debaltseve-Stützpunktes. Einige ihrer Kameraden könnten bald freikommen.
Erster kleiner Erfolg beim Treffen der Kontaktgruppe in Minsk. 150 ukrainische Sicherheitskräfte sollen gegen 225 gefangene Anhänger der Aufständischen getauscht werden.

Die Ukraine-Kontaktgruppe hat sich nach Darstellung der prorussischen Separatisten bei ihrem Treffen in Minsk auf einen Austausch aller Gefangenen geeinigt. Das teilte Separatistenführer Alexander Sachartschenko am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge mit.

Die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk seien bereit, 150 ukrainische Sicherheitskräfte gegen 225 gefangene Anhänger der Aufständischen auszutauschen, sagte er. Die übrigen Schritte eines Friedensplanes müssten aber weiter erörtert werden.

Mehr als 680 Ukrainer gefangen

Von ukrainischer Regierungsseite wurden die Angaben zunächst nicht bestätigt. Ein ranghoher Vertreter des Geheimdienstes SBU sagte jedoch, dass es bei den Verhandlungen in der weißrussischen Hauptstadt am Vortag um 225 Ukrainer und 150 Rebellen gegangen sei. "Wir hoffen, dass es sehr bald einen großen Austausch gibt", dem andere folgen sollten, sagte der SBU-Vertreter Markjan Lubkiwski. Nach seinen Angaben halten die Separatisten allerdings mehr als 680 Ukrainer gefangen. Kiew sei bereit, insgesamt 225 Rebellen auszutauschen.

"Schwierige Verhandlungen"

Nach fünfstündigen Verhandlungen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk am Vorabend setzte die Kontaktgruppe am Donnerstag ihre Gespräche zunächst per Video-Konferenz fort. Sachartschenko nannte die Verhandlungen "schwierig". Am Freitag soll es erneut ein Treffen in Minsk geben, eine Bestätigung gab es dafür aber bis zum Abend nicht. Die am Mittwoch bis in die Nacht geführten Verhandlungen über den Konflikt im Donbass hätten einen "vorbereitenden Charakter" gehabt, sagte Separatistenvertreter Denis Puschilin.

Es sind die ersten Verhandlungen seit mehr als drei Monaten. Bereits im September hatte die Kontaktgruppe aus Separatisten, Kiew, Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie Russland Friedensschritte vereinbart. Diese wurden allerdings bisher nicht umgesetzt. Die Konfliktparteien werfen sich auch gegenseitig eine Verletzung der Waffenruhe vor. Das ukrainische Militär betonte, dass ein in Minsk vereinbarter Abzug schwerer Militärtechnik erst dann beginnen könne, wenn die Feuerpause tatsächlich eingehalten werde.

Die prorussischen Separatisten wollen bei den Minsker Gesprächen vor allem erreichen, dass die ukrainische Regierung ihre Wirtschaftsblockade des Donbass aufgibt. Außerdem ist der von ukrainischen Regierungstruppen kontrollierte Flughafen in Donezk umkämpft. Jede Seite des Konflikts erhebt Anspruch auf den strategisch wichtigen Airport.

Endgültige Umsetzung der Waffenruhe

Die Verhandlungen drehen sich immer wieder darum, wie die seit Monaten brüchige Waffenruhe endgültig umgesetzt werden kann. Sachartschenko warf der ukrainischen Regierung vor, einen Krieg vorzubereiten. Die in die NATO strebende Führung in Kiew will die Kontrolle über die nach Unabhängigkeit strebenden Regionen Donezk und Lugansk wiederherstellen. Die Meinungen in der Ex-Sowjetrepublik gehen darüber auseinander, ob dies auf dem Verhandlungsweg oder durch einen Krieg erreicht werden kann.

"Haben für die Freiheit mit unserem Blut bezahlt"

Die Separatisten betonten am Rande der Friedensgespräche, dass eine Unabhängigkeit weiter auf der Tagesordnung bleibe. "Wir haben für die Freiheit mit unserem Blut bezahlt. Deshalb können wir eigenständig entscheiden, welche Staatlichkeit wir annehmen", sagte Sachartschenko. Seit Beginn der umstrittenen Anti-Terror-Operation der Regierung gegen die schwer bewaffneten Separatisten starben bei dem Konflikt bereits mehr als 4.600 Menschen, Hunderttausende sind auf der Flucht.

Austausch bereits am Wochenende?

Wie sein Kollege aus Donezk gab auch der "Präsident" der selbst ernannten Republik Lugansk, Igor Plotnizki, die Einigung auf den Gefangenenaustausch bekannt. Möglicherweise werde dieser bereits am Wochenende erfolgen, sagte Plotnizki laut der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti am Donnerstag.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf der Regierung in Kiew unterdessen vor, mit ihrem Bemühen um eine Mitgliedschaft in der NATO die Sicherheit in Europa zu gefährden. Der Westen nutze die Schritte der Regierung in Kiew, um den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine anzuheizen, sagte Lawrow am Donnerstag. "Es gibt einige westliche Länder, die die Krise in der Ukraine sowie die Konfrontation zwischen der Ukraine und Russland erhalten wollen, einschließlich durch provokative Anstrengungen zu einer Mitgliedschaft in dem Atlantischen Bündnis", sagte Lawrow.

Die Ukraine hat in dieser Woche mit der Aufgabe der Blockfreiheit erste Schritte in Richtung NATO-Mitgliedschaft unternommen und damit scharfen Widerspruch der russischen Regierung ausgelöst. Die Ukraine wirft ihrem mächtigen Nachbarn vor, die prorussischen Rebellen im Osten der Ukraine mit Kämpfern und Waffen zu unterstützen.

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