Kiew will an EU-Assoziierung festhalten

Studenten protestieren in Kiew für das EU-Assoziierungsabkommen.
Die deutsche Kanzlerin bot sich als Vermittlerin zwischen Ukraine, EU und Russland an.

Die ukrainische Regierung will an dem Projekt eines Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union festhalten: Die Verhandlungen über das vorerst gestoppte Abkommen würden fortgesetzt, sagte Regierungschef Mikola Asarow am Mittwoch in Kiew. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bot sich im Konflikt zwischen der Ukraine, der EU und Russland als Vermittlerin an.Der "Verhandlungsprozess" über das Assoziierungsabkommen gehe weiter, sagte Ministerpräsident Asarow am Mittwoch bei einer Kabinettssitzung in Kiew. "Die Arbeit mit dem Ziel, das Land den europäischen Standards anzunähern, ruht nicht einen Tag."

Eigentlich sollte der Pakt, der die Ukraine enger an den Westen binden und dem Land erhebliche Handelserleichterungen bringen sollte, auf dem EU-Ostpartnerschaftsgipfel am Donnerstag und Freitag in der litauischen Hauptstadt Vilnius unterzeichnet werden. Vergangene Woche stoppte Kiew jedoch überraschend die Vorbereitungen. Präsident Viktor Janukowitsch begründete dies damit, sein Land sei wirtschaftlich noch nicht bereit. Ein zentraler Grund ist aber auch die Drohung Russlands, die Ukraine mit Handelseinschränkungen zu strafen.

Vermittlerin Merkel?

Die Ukraine habe entschieden, "im Augenblick nicht" zu unterzeichnen, sagte Merkel am Mittwoch vor Journalisten in Berlin. "Wir werden sie weiter einladen, das zu tun."

Die Absage an die EU hatte in der Ukraine heftige Proteste ausgelöst. Am Wochenende gingen Zehntausende Menschen auf die Straße, um die Regierung zur Rückkehr auf einen pro-europäischen Kurs zu drängen. Am Mittwoch belagerten fast tausend Oppositionsanhänger den Regierungssitz in Kiew, darunter auch der Chef der Oppositionspartei Udar, Profiboxer Witali Klitschko. Am Abend (18.00 Uhr MEZ) sollte eine weitere Massenkundgebung stattfinden.

Vor dem Hintergrund der Massenproteste versicherte Asarow seinen Ministern, es werde nicht zu einer "Spaltung" der ukrainischen Gesellschaft kommen. Die Ukraine werde an ihrem Kurs zur Integration in die EU festhalten, sagte er zur Begründung.

Strippenzieher Russland?

Am Dienstag hatte Asarow erstmals bestätigt, dass seine Regierung von Russland zur "Verschiebung" des Abkommens gedrängt worden sei. Merkel sagte, eine Annäherung östlicher Länder an Europa werde in Moskau als Abwendung von Russland verstanden. "Wir müssen die letzten Relikte eines Kalten Krieges überwinden", sagte die Kanzlerin. "Ich werde da sehr gerne daran arbeiten." In Vilnius werde sie Janukowitsch wohl zu einem bilateralen Gespräch treffen.

Janukowitsch hatte am Dienstag gesagt, dass Kiew das Abkommen erst unterzeichnen wolle, wenn sich bessere Bedingungen für sein Land ergäben. Die deutsche Regierung erteilte inhaltlichen Nachverhandlungen jedoch eine Absage. Das Abkommen sei "ausgehandelt" und liege "unterschriftsreif" auf dem Tisch, sagte ein ranghoher Regierungsmitarbeiter in Berlin.

Zugleich drängt die deutsche Regierung weiter auf eine rasche Freilassung der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko. Janukowitsch habe nach wie vor die Möglichkeit, die frühere Regierungschefin kurzfristig zu begnadigen, verlautete aus Regierungskreisen.

Timoschenko wurde 2011 wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die EU hatte ihre Freilassung zur Bedingung für das Assoziierungsabkommen gemacht. Deutschland hat angeboten, Timoschenko wegen ihres Rückenleidens in der Berliner Charite zu behandeln.

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