Kiew feiert 24 Jahre Unabhängigkeit von Russland

Das ganze Land feierte den Unabhängigkeitstag, während im Osten eine weitere Eskalation an der Front befürchtet wurde.

In der gesamten Ukraine wurde am Montag der Unabhängigkeitstag begangen – in Zeiten neuerlich eskalierender Kämpfe im Osten des Landes ein durchaus sehr emotionaler Tag für die große Mehrheit der Ukrainer. Für Präsident Petro Poroschenko hingegen war es ein beinharter Arbeitstag: Militärparade und Bad in der Menge in Kiew am Vormittag, Konsultationen mit Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande in Berlin am Nachmittag. Thema der trilateralen Unterredung: Das Waffenstillstandsabkommen von Minsk, das derzeit nur mehr auf dem Papier besteht.

Die ukrainischen Sicherheitskräfte erwarteten für den Feiertag Sabotageakte und Angriffe der von Russland unterstützen Verbände – im gesamten Land. Zuletzt war in Kiew ein Waffenlager mit mehreren Raketenwerfern und Sturmgewehren ausgehoben worden. Auch eine weitere Eskalation an der Front wurde befürchtet.

Denn dort waren in den vergangenen Wochen entlang der gesamten Linie schwere Kämpfe ausgebrochen – unter beidseitigem zügellosen Einsatz schwerer Waffen. Auch breit angelegte Offensiven der Russland-gestützten Verbände gab es. Am Montag kam es zu intensiven Kämpfen nördlich von Donezk. All das, während das Bild von der Lage vor Ort zusehends unübersichtlich wird, weil die Beobachter der OSZE, die Verstöße gegen das Minsk-Abkommen dokumentieren sollen, kaum mehr arbeiten können. Sie geraten unter Beschuss, werden an Checkpoints gestoppt oder tätlich angegriffen, wie wiederholte Male auf Rebellengebiet.

Bei seiner Ansprache in Kiew sprach Poroschenko von einem drohenden großen Einmarsch Russlands. Der Feind verfolge nach wie vor die Idee eines direkten Angriffs, so Poroschenko. Er kündigte eine weitere Stärkung der Armee an.

Russland habe 50.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine stationiert, so Poroschenko. Im Kriegsgebiet seien 40.000 Kämpfer im Einsatz – 9000 davon reguläre russische Soldaten. Und an diese Verbände habe Moskau 500 Panzer, 400 Artilleriesysteme und 950 Schützenpanzer geliefert.

"Keine Brüder"

Russland hat solche Vorwürfe Kiews bisher in jeweils nahezu gleichem Wortlaut zurückgewiesen. Am Montag aber stieß sich Außenminister Lawrow vor allem an einer Aussage Poroschenkos, wonach die Ukraine und Russland "keine Brüder" seien. Diese viel zitierte "Staats-Bruderschaft" sei mit Russlands Aktionen in der Ukraine (Annektion der Krim, Unterstützung für Separatisten in der Ostukraine) zu einem grotesken Unwort geworden – entsprechend auch der Tenor bei den Feiern zum Nationalfeiertag, an dem vor allem die Eigenständigkeit hervorgehoben wurde.

Und Moskau stieß sich am Montag vor allem auch an dem Umstand, dass Kreml-Chef Putin nicht zu Poroschenkos Unterredung mit Merkel und Hollande nach Berlin geladen war.

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