Türkei: Prozess gegen Journalisten geht weiter
In der Türkei ist am Freitag der umstrittene Prozess gegen zwei regierungskritische Journalisten fortgesetzt worden. Cumhuriyet-Chefredakteur Can Dündar zeigte sich bei seiner Ankunft am Gerichtsgebäude in Istanbul überzeugt, dass er und sein Kollege Erdem Gül freigesprochen werden. "Wir werden gewinnen, wir haben in der Vergangenheit immer gewonnen", sagte Dündar umringt von Unterstützern.
Journalisten droht eine lebenslange Haft
Dündar und Gül müssen sich nach einem Bericht über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an Islamisten in Syrien wegen des Vorwurfs der Spionage und des Verrats von Staatsgeheimnissen verantworten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte persönlich Strafanzeige gestellt. Die Öffentlichkeit wurde beim Prozessauftakt vor einer Woche mit Verweis auf die "nationale Sicherheit" vom Prozess ausgeschlossen. Dündar und Gül droht eine lebenslange Haftstrafe.
Der Prozess sorgte auch für diplomatische Verwicklungen. Erdogan hatte wütend auf die Anwesenheit ausländischer Diplomaten beim Prozessauftakt am Karfreitag reagiert, unter ihnen war auch der deutsche Botschafter Martin Erdmann. "Dies ist nicht Ihr Land, dies ist die Türkei", empörte sich Erdogan. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen legte die Regierung in Ankara offiziell bei den beteiligten Botschaften Protest ein, Erdmann wurde ins Außenministerium einbestellt.
Die türkische Regierung ist insbesondere über Veröffentlichungen von Diplomaten im Onlinedienst Twitter erbost. So veröffentlichte der britische Generalkonsul auf Twitter mehrere Fotos, darunter ein Selfie mit Dündar.
Um die Pressefreiheit Türkeis steht es nicht gut
Kritiker werfen der türkischen Regierung ein zunehmend repressives Vorgehen gegen oppositionelle Medien vor. Auf einer Rangliste zum Stand der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten. Dündar und Gül waren Ende Februar nach drei Monaten in Untersuchungshaft auf Anordnung des Verfassungsgerichts vorläufig freigekommen. Dutzende weitere Journalisten sind in dem Land inhaftiert.
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