Türkei: Proteste flammen erneut auf

Tod eines 15-Jährigen: Neue Proteste gegen die islamisch-konservative Regierung in mehreren türkischen Städten. 150 Festnahmen.

Tot nach Polizei-Einsatz.Für viele ist er ein Märtyrer und ein Symbol dafür, wie brutal die türkische Polizei vorgeht. Am Mittwoch wurde der 15-jährige Berkin Elvan in Istanbul zu Grabe getragen. Dem Trauerakt wohnten Zehntausende Menschen bei, er geriet damit zu einer riesigen Demonstration gegen die konservativ-islamische Regierung unter Premier Recep Tayyip Erdogan. "Die Polizei der (regierenden) AKP hat Berkin ermordet", skandierte die Menge, die Bilder des Jugendlichen hoch hielt.

Der Teenager war im Juni vergangenen Jahres gerade auf dem Weg, Brot einzukaufen. Zum damaligen Zeitpunkt war die Protestwelle gegen ein Bauprojekt am zentralen Istanbuler Gezi-Park, die sich aber primär gegen den autoritären Führungsstil Erdogans richtete, auf dem Höhepunkt. Der unbeteiligte Bursche kam bei den Unruhen zwischen die Fronten und wurde von einer Tränengas-Kartusche der Polizei am Kopf getroffen. Seither lag Berkin Elvan im Koma, am Dienstag starb er. Seine Mutter macht den Premier für den Tod ihres Sohnes verantwortlich.

Die Nachricht, dass der Jugendliche an den Folgen des Polizeieinsatzes gestorben ist, verbreitete sich im Land wie ein Lauffeuer. Noch am Abend versammelten sich vor dem Istanbuler Krankenhaus, in dem Elvan zuletzt behandelt worden war, rund 1000 Demonstranten. Sie warfen Steine auf Polizisten, diese antworteten mit Tränengas. In insgesamt 30 Städten des Landes kam es zu spontanen Protestkundgebungen, darunter in Ankara, Izmir und Antalya. Bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften wurden 20 Personen verletzt. Mindestens 150 Demonstranten wurden festgenommen.

Auch bei der Beerdigung des jungen Mannes – die Polizei rückte mit einem Großaufgebot an – war die Spannung spürbar. Zunächst verlief aber alles friedlich.

Kommentare