Türkei ist Weltmeister der Journalisten-Verhaftungen

Ein Protest in der Türkei nach Repressionen gegen Medien.
Mehr als 120 Journalisten seit Putsch in Haft, mehr als in jedem anderen Land. Die Kampagne #FreeTurkeyMediawird von mehr als 250.000 Menschen unterstützt. Auch in Wien gibt es eine Protestaktion.

Anlässlich des Internationalen Tages der Pressefreiheit am Mittwoch hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International die Repression gegen Medien in der Türkei scharf kritisiert. "In keinem anderen Land der Welt sitzen so viele Medienmitarbeiterinnen und -mitarbeiter hinter Gittern, nur weil sie ihre Arbeit gemacht haben", heißt in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht von Amnesty.

Mehr als 120 Journalisten sind laut der NGO seit dem gescheiterten Putsch im vergangenen Juli in der Türkei in Haft. Eine von Amnesty lancierte Online-Petition unter dem Titel #FreeTurkeyMedia, mit der die Freilassung der inhaftierten Journalisten gefordert wird, sei bereits von mehr als 250.000 Menschen - darunter zahlreiche prominente Journalisten und Künstler wie Ai Weiwei - unterzeichnet worden.

Hunderte Schließungen, tausende Entlassungen

Mindestens 156 Medienhäuser und -publikationen seien seit Juli 2016 geschlossen worden. Rund 2.500 Journalisten, Fotografen und weitere Medienschaffende verloren ihre Stelle. "Die Notstandgesetze geben die Möglichkeit, eine lang andauernde Untersuchungshaft zu verhängen; und das wird von den Behörden routinemäßig getan. Die Anklagepunkte sind oft frei erfunden, manchmal offensichtlich absurd. Meist fehlen jegliche Beweise für die angebliche Straftat", so Amnesty.

Vage Anti-Terror-Gesetze, wie das Verbot der Propaganda für Terrororganisationen, werden genutzt, um strafrechtlich gegen Journalisten vorzugehen. Die inhaftierten Medienvertreter dürften nur einmal wöchentlich eine Stunde mit ihrem Anwalt sprechen. Das Treffen finde außerdem unter Beobachtung von Gefängnisaufsehern statt. In einigen Gefängnissen werde Journalisten nicht erlaubt, Briefe zu senden oder zu empfangen, heißt es in dem Amnesty-Bericht, der zahlreiche Fallbeispiele inhaftierten Medienvertreter auflistet.

Österreichische Medienorganisationen protestieren

Anlässlich des Internationalen Tages der Pressefreiheit planen österreichische Medienorganisationen am Mittwoch eine Protestaktion vor der türkischen Botschaft in Wien. Dabei soll der diplomatischen Vertretung eine Petition übergeben werden, in der die Freilassung der in der Türkei inhaftierten Journalisten sowie ein Ende des Vorgehens gegen unabhängige Medien gefordert wird.

Die von Reporter ohne Grenzen (ROG), dem International Press Institute (IPI) und der Initiative #aufstehn gemeinsam mit der Initiative Qualität im Journalismus, dem Presseclub Concordia und der Journalistengewerkschaft GPA-djp gestartete Petition wurde von mehr als 10.000 Menschen in Österreich und im deutschsprachigen Raum unterzeichnet. Sie ist an den türkischen Botschafter in Österreich und Präsident Recep Tayyip Erdogan gerichtet.

Wikipedia-Gründer nach Sperre in Istanbul ausgeladen

Nach der Sperrung des Online-Lexikons Wikipedia in der Türkei wegen kritischer Artikel hat Istanbul auch den Gründer Jimmy Wales von einem Kongress ausgeladen. Die Stadtverwaltung teilte am Dienstag mit, Wales sei "von der Gästeliste entfernt worden". Ein Grund wurde nicht genannt. Wales hatte an der internationalen Urbanismuskonferenz World Cities Expo teilnehmen wollen, die vom 15. bis 18. Mai in Istanbul stattfindet.

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