Wut über Amnestie für 7500 Kriminelle

Wegen des 20. Jahrestags der Auflösung der ČSSR hat Präsident Vaclav Klaus eine Teil-Amnestie ausgeprochen – ein Misstrauensantrag ist die Folge.

Bis zu 7500 Kriminelle sind es, die im Laufe der kommenden Wochen aus den tschechischen Haftanstalten entlassen werden sollen – immerhin ein Drittel aller Inhaftierten des Landes: Dieses Vorhaben, das Präsident Vaclav Klaus zur Überraschung der politischen Mitbewerber in seiner Neujahransprache angekündigt hat, sorgt nur für einen Sturm der Entrüstung.

Der Ärger rührt jedoch gar nicht von der hohen Zahl an Straftätern, die durch die Amnestie freikommen, her: Bei dem Großteil der Personen handelt es sich nämlich ohnehin um Täter von leichteren Delikten – wie etwa um Nichtzahler von Alimenten oder um Personen, die wegen der Verhinderung der Durchführung von amtlichen Entscheidungen verurteilt wurden. Für Kritik sorgt jedoch die Tatsache, dass die Begnadigung sich auf mehrere Leute bezieht, die wegen Korruption bestraft wurden oder sogar noch verfolgt werden.

Misstrauensantrag

Die tschechischen oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD) haben nun sogar einen Misstrauensantrag gegen die Regierung des konservativen (ODS) Premiers Petr Necas angekündigt. "Wir betrachten es als skandalös, dass die Amnestie die Täter von großen Wirtschaftsdelikten befreit, einschließlich der Täter von Kredit- und Privatisierungsbetrügereien oder von Milliarden-Steuerdelikten", erklärte CSSD-Chef Bohuslav Sobotka. Den Misstrauensantrag werde die CSSD "in den nächsten Tagen" stellen.

Das Ausmaß der Amnestie rief unterdessen heftige Kritik hervor, vor allem weil davon auch mehrere Täter, die schwere Wirtschafts-Straftaten begangen haben, profitieren. Etwa 7.000 von insgesamt rund 24.000 Gefangenen wurden bzw. werden noch aus den Haftanstalten entlassen. Unterdessen wurden erste Fälle gemeldet, wo die entlassenen Personen neue Delikte begangen haben. Klaus verteidigte die Amnestie als ein "Zeichen der Versöhnung und des Verzeihens", auf das man nicht verzichten sollte, weil die Menschen eine zweite Chance verdienten. Den Kritikern schloss sich unterdessen auch die mitregierende Partei TOP 09 an, obwohl ihr Chef und Außenminister Karel Schwarzenberg die Amnestie in einer ersten Reaktion als eine "richtige Maßnahme" begrüßte, weil die Gefängnisse überfüllt seien. Später distanzierte er sich von der Maßnahme und kritisierte sie als "maßgeschneidert".

Laut Medien ist es jedoch wenig wahrscheinlich, dass die Regierung bei der Misstrauensabstimmung gestürzt wird. Dafür sind mindestens 101 Stimmen im 200-köpfigen Abgeordnetenhaus erforderlich, über die die Opposition nicht verfügt. Obwohl die Koalition seit Monaten angeschlagen und ihre Mehrheit im Parlament unsicher ist, kann sie sich auf die Stimmen der Parlamentarier verlassen, die keiner Partei bzw. keinem Klub angehören. Die Regierung Necas überstand bereits vier Misstrauensabstimmungen.

"Zeichen der Versöhnung"

Klaus selbst begründete seine Entscheidung, die im engsten Beraterkreis gefallen war, als „ein Zeichen der Versöhnung und des Verzeihens, auf das wir in diesem Land nicht verzichten sollten", so Klaus in der Zeitung MF Dnes.

Klaus, dessen zweite und letzte fünfjährige Amtszeit am 7. März zu Ende geht, erteilte eine kollektive Amnestie zum ersten Mal in seiner Präsidenten-Ära. Bisher hatte er nur einzelne Leute ausnahmsweise aufgrund ihrer Gesuche begnadigt. Klaus zählte eher zu den Kritikern von kollektiven Amnestien, wie sie sein Vorgänger Vaclav Havel - insgesamt drei Mal - erteilt hatte.

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