Trump: Lautes Poltern und stille Geschäfte mit China

Im Vordergrund der Visite stehen politische Konflikte, dahinter aber Trumps Business in China.

Es musste offensichtlich schnell gehen. 38 vorläufige Lizenzen vergaben Chinas Behörden vor ein paar Wochen an das Trump’sche Firmenimperium. Freibriefe quasi für Unternehmen von Hotels und Versicherungen bis hin zu Personenschutz und Escort-Service. Für Experten im China-Geschäft ist dieses Tempo absolut überraschend, so flott und vor allem glatt gingen solche Entscheidungen in China sonst nicht über die Bühne. Umso erstaunlicher, als Trump um seine erste Lizenz in China – es ging um Baugewerbe – fast zehn Jahre vor Gericht feilschen musste.

Gegen US-Verfassung

Günstiger Wind also für den heute, Donnerstag, beginnenden Besuch von Chinas Präsident Xi Jinping bei seinem Amtskollegen Donald Trump in dessen Golfressort Mar-a-Lago in Florida. Schließlich versucht Trump mit seinen Geschäften seit mehr als einem Jahrzehnt auf dem chinesischen Markt Fuß zu fassen. Dass ihm Peking jetzt die Türen und damit Chancen auf Milliardengeschäfte öffnet, stößt lediglich US-Verfassungsexperten sauer auf. Schließlich dürfen öffentlich Bedienstete in den USA keinerlei Zuwendungen oder Begünstigungen von ausländischen Regierungen erhalten, also natürlich auch der Präsident.

Doch auch andere Mitglieder der Trump-Familie haben an reibungslosen Beziehungen zu China ausgesprochen handfeste Interessen. Immerhin produziert Tochter Ivanka große Teile ihrer Modekollektionen in China. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Jared Kushner hat sie auch die Vorarbeit für den Xi-Besuch geleistet. Kushner, der ebenso wie Ivanka inzwischen ein Büro im Weißen Haus hat, bestimmt Trumps Außenpolitik inzwischen maßgeblich – und lässt dabei das Außenministerium links liegen.

Kämpferische Parolen

Auf der großen politischen Bühne dagegen benützt Trump China seit dem Wahlkampf als Lieblingsfeind. Und auch die Mar-a-Lago Visite steht vordergründig im Zeichen wachsender Konflikte zwischen den beiden Mächten. Die akuteste: Nordkorea. Wie zum Auftakt des Besuches hat Diktator Kim Jong Un am Mittwoch einen Raketentest durchführen lassen. Fast ultimativ forderte Trump daher in einem Interview Pekings Hilfe an, um endlich dem atomaren Raketen-Gehabe des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un ein Ende zu bereiten.

Trumps Eröffnungszug vor der Visite geht so: "Xi sag ja, dann wird es sehr gut für China". Wenn nicht, wird es "für niemanden gut". Amerika nehme sich des Problems dann "allein" an. Militärisch? Trump ließ das wie immer offen. Aber die Drohung steht im Raum. Für den Chinesen ist damit klar: Ein entspanntes Tête-à-Tête wie der Aufenthalt mit Obama auf einer kalifornischen Wüsten-Ranch 2013 wird das erste Kennenlernen mit dessen Nachfolger kaum.

Trump lässt auch im Weißen Haus keine Gelegenheit aus, China zu attackieren. Sie "vergewaltigen uns", klagte der Geschäftsmann. Und meinte damit angebliche Währungsmanipulationen und Handelshemmnisse, die Amerikas Arbeiterschaft in den Würgegriff nähmen. Peking hat den Attacken zwar irritiert, aber meist gelassen widerstanden.

Xi schläft "auswärts"

Sollte Amerika aber weiter die Gebietsansprüche Pekings im Südchinesischen Meer in Zweifel ziehen und Flugzeugträger Patrouille fahren lassen, kann nach Ansicht von Experten eintreten, was Trumps Chefberater Stephen Bannon im Laufe eines Jahrzehnts ohnehin kommen sieht: ein Krieg zwischen den USA und China.Davon wird in Florida natürlich keine Rede sein. Trump braucht bei seinem ersten Rendezvous von geopolitischer Dimension Erfolg. China in der Causa Nordkorea zum Handeln zu bewegen, wäre einer. Schließlich hältdas Riesenreich den abgeschotteten Nachbarn wirtschaftlich am Leben.

Anders als etwa Japans Premier Abe wird Xi nicht in Trumps Club nächtigen, sondern nebenan im Eau Palm Beach Resort. Für Trump entfällt die Option, mit dem Gast auf grünem Rasen zur Verständigung zu kommen. Fußball-Fan Xi spielt kein Golf. Trump flüchtete sich kurz vor der Visite ins Ominöse: "Ich wäre nicht überrascht, wenn wir etwas sehr Dramatisches und Gutes für unsere beiden Länder tun würden." Für Trumps Geschäfte hat Peking ja schon einiges getan.

Das Horrorszenario ist bisher ausgeblieben. Im Wahlkampf hatte Trump gedroht, er werde China gleich am ersten Tag seiner Präsidentschaft offiziell als Währungstrickser brandmarken. Das wäre der Startschuss für Retourkutschen gewesen – ein Handelskrieg schien nur eine Frage der Zeit. Alle Importe aus China würden mit 35 oder gar 45 Prozent Strafzoll belegt: Auch das blieb vorerst eine Drohung.

Handelsberater: Tod und Krieg

Setzt sich die ökonomische Vernunft durch? Für Entwarnung ist es zu früh. Die Gespräche mit Xi Jinping würden "sehr schwierig", hat Trump angekündigt. Und er hat sich mit ausgewiesenen China-Hassern umgeben. Sein Handelsberater Peter Navarro wurde mit Buchtiteln wie "Tod durch China" und "Die kommenden China-Kriege" bekannt.

Die Rivalität der Großmächte liegt aufder Hand. Misst man die Wirtschaftsleistung an der Kaufkraft, hat China die USA bereits als größte Volkswirtschaft abgelöst. Und es gibt dabei eine grobe Schieflage: Die Chinesen verkauften 2016 Waren um 463 Mrd. Dollar in die USA – die Amerikaner in Gegenrichtung nur um 116 Mrd. Dollar.

Legitime Kritik

Für Trump ist das der Beweis: China hält sich nicht an faire Regeln. Sigmar Gabriel hatte kürzlich, noch als deutscher Wirtschaftsminister, eine simplere Erklärung. Gefragt, was die USA gegen das Handelsminus tun könnten, sagte er: "Bessere Autos bauen."

Ganz deplatziert ist die US-Kritik freilich nicht. Viele ausländische Firmen klagen über den erzwungenen Technologietransfer in China, über Betriebsspionage oder schikanöse Auflagen. Peking behandelt seine mächtigen Staatsfirmen immer noch bevorzugt. Strafzölle der EU und USA gab es deshalb bisher schon – aber gezielt für Einzelprodukte wie Autoreifen, Stahlerzeugnisse oder Solarpanele. Diese Konflikte wurden vor der Welthandelsorganisation WTO ausgefochten. Davon abzukehren und die Konflikte eskalieren zu lassen, wäre keine gute Idee. Denn trotz der Konkurrenz sind China und die USA eng mit einander verflochten:

Die Chinesen sind nach Japan wichtigster Kreditgeber der USA und haben einen mächtigen Hebel in der Hand: Sie besitzen US-Staatsschuldpapiere im Wert von gut einer Billion Dollar.

China besitzt fast Monopolstellung für viele wichtige Industrierohstoffe – wie seltene Erden, die für Hightech-Produkte gebraucht werden, aber auch Graphit, Kobalt, Chrom oder Magnesium.

Produktion

Die globale Industrieproduktion ist eng vernetzt. So verlassen beispielsweise pro Tag bis zu 500.000 Apple-iPhones die Fabrik in Zhengzhou, die dann in alle Welt ausgeliefert werden. Die Einzelteile stammen von mehr als 200 Zulieferern aus aller Welt. Würden die Exporte aus China mit Strafzöllen belegt oder müssten die iPhones (wie Trump will) in den USA produziert werden: Das Lieblingsspielzeug der Amerikaner würde jedenfalls um einiges teurer.

(Hermann Sileitsch-Parzer)

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