Trump: Manning ist "undankbarer Verräter", sollte nicht freikommen

Wetten, dass Trump...
Trump beklagt sich außerdem, dass Manning Obama einen "schwachen Führer" genannt hätte.

Manchmal ist es spannend, die Entstehung von Nachrichten zurück zu verfolgen. Etwa diese hier: Donnerstag um sechs Uhr morgens in Washington, also Mittag mitteleuropäischer Zeit, twittert US-Präsident Donald Trump: „Undankbarer VERRÄTER Chelsea Manning, die niemals aus dem Gefängnis entlassen hätte werden sollen, nennt Präsident Obama nun einen schwachen Führer. Furchtbar!“

Was ist also passiert? Als eine seiner letzten Amtshandlungen verkürzte Obama die Gefängnisstrafe von Chelsea Manning, die als Bradley Manning bei den US-Streitkräften war und dort Informationen an WikiLeaks weitergab. Bradley Manning erhielt dafür 35 Jahre Haft, unterzog sich dort einer geschlechtsangleichenden Operation und soll nun am 17. Mai freikommen (ist also noch gar nicht frei).

Die britische Boulevardzeitung The Daily Mail schrieb gestern genau das, was Trump heute morgen, eventuell bei der Medienlektüre twitterte: Dass Manning Obama einen „schwachen Führer“ nennt. Die Daily Mail bezieht sich auf die erste Kolumne, die Manning für den britischen Guardian schrieb.

Allerdings, die Worte „schwacher Führer“ finden sich in der Kolumne nicht. Überschrieben ist sie mit: „Kompromisse funktionieren bei unseren politischen Gegnern nicht, wann werden wir das lernen?“ Es gibt nur „wenige permanente Errungenschaften“, die Obama durchsetzen konnte. Manning schreibt, sie hätte sich bei Obamas Wahl ein „politisches Erwachen“ erwartet, das nicht gekommen sei. Der Text bezieht sich aber viel weniger auf Obama als auf seine Gegner, die Obama nicht den kleinsten Erfolg gönnten.

„Sogar wenn sie ihm politisch zugestimmt haben, haben sie Widerstand geleistet“, schreibt Manning. Ihre Schlussfolgerung ist nicht, dass Obama ein schwacher Führer sei, sondern dass mit den Republikanern keine Komprimisse zu machen seien: „Es gibt eine simple Lektion zu ziehen aus Obamas Vermächtnis: Startet nicht mit einem Kompromiss. Sie werden dich nicht in der Mitte treffen.“ Und bezieht sich am Ende auch auf Trump: „Nach acht Jahren des versuchten Kompromisses und unbarmherziger Respektlosigkeit bewegen wir uns jetzt auf dunklere Zeiten zu.“ Aber das hat Trump vermutlich nicht gelesen.

Kommentare