Trump lässt sich in Polen als "zweiter Reagan" feiern

Heute fliegt der US-Präsident ins festungsgleiche Warschau ein. Die national-konservative Regierung genießt die "Adelung", das liberale Polen befürchtet, der Besuch könnte die eurokritische Haltung der Herrschenden befeuern.

Der Besuch von Donald Trump am heutigen Mittwoch und morgen wird von der nationalkonservativen polnischen Regierung als großer Erfolg gefeiert. "Trump wird wie ein zweiter Reagan, ein Freund der Polen", freut sich William Ciosek, der polnischstämmige Berater Trumps. Polen gilt als beliebtestes Ziel von US-Präsidenten, da das Land traditionell proamerikanisch tickt. Dem früheren US-Präsidenten und Sowjetgegner Ronald Reagan wird an der Weichsel mit Statuen gehuldigt.

Staatspräsident Andrzej Duda, der die Einladung aussprach, wird Trump am Donnerstag zu einem Vier-Augen-Gespräch treffen, danach folgen Unterredungen unter anderem mit Verteidigungsminister Antoni Macierewicz, sowie eine Begegnung von zwölf europäischen Staatschefs, die sich zum Forum "der drei Meere" (Ostsee, Schwarzes Meer und Adria) in Warschau versammeln. Mit Spannung wird Trumps Ansprache auf dem Krasinskich-Platz vor mehreren tausend Polen erwartet.

Gratisbusse für Trump-Fans

Allgemein wird von liberalen Denkern in Polen befürchtet, dass die euroskeptische Haltung der derzeitigen Regierung unter Premierministerin Beata Szydlo durch den undiplomatisch agierenden Trump bestärkt werden könnte. Hintergrund: Warschau weigert sich derzeit, Flüchtlinge aufzunehmen, greift in das Justizwesen ein und befindet sich daher im Konflikt mit Brüssel.

Für Trump, der ab Freitag am G 20-Gipfel in Hamburg teilnimmt, ist der Abstecher in Warschau eine gute Gelegenheit, seinen Kritikern in Europa und dem Publikum in den USA die enthusiastischen Massen in Polen präsentieren zu können – die 300 Abgeordneten der regierenden Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) wurden dazu verpflichtet, jeweils mindestens 50 Personen zur Trump-Rede zu bringen. Auch in Kirchen ließ die PiS für den Präsidentenbesuch werben und bot kostenlose Busse nach Warschau an.

"Der Besuch ist von großer Bedeutung", analysiert Piotr Semka, einer der einflussreichsten Journalisten des Regierungslagers, auf Anfrage. Semka verweist auf die energiewirtschaftliche Zusammenarbeit, welche zwischen den USA und Polen intensiviert werden soll – das würde das EU-Land von Gaslieferungen aus Russland unabhängiger mache. Bereits Anfang Juni lieferte der US-Energiekonzern Cheniere Energy erstmals Flüssiggas per Schiff nach Polen.

Zentrales Thema: Sicherheit

"Wichtig ist zudem, dass der Vertrag der US-Truppen, die in Polen stationiert sind, verlängert wird", so Semka. In Polen befinden sich derzeit 3500 amerikanische Soldaten, auch zur Abschreckung des östlichen Nachbarn Russland. Die russische Annexion der ukrainischen Krim hat das Sicherheitsbedürfnis der osteuropäischen NATO-Mitglieder deutlich erhöht. Ein exklusives Verhältnis mit den USA strebt die Regierung daher auch in Verteidigungsfragen an. Janusz Reiter, ehemals polnischer Botschafter in Washington und "Leiter des Zentrums für internationale Beziehungen" in Warschau, dazu: "Die NATO ist der Sicherheitsgarant Polens, doch dies funktioniert nur zusammen mit den europäischen Verbündeten."

Mit breiten Protesten gegen den US-Präsidenten ist im konservativen Polen nicht zu rechnen, einige linke und feministische Gruppierungen haben zwar Aktionen angekündigt, werden jedoch von den zahlreichen Polizisten leicht in Schach und von dem Amerikaner fern gehalten.

"Donald sucht krampfhaft Liebe"

Auch Stanislaw Pruszynski, 81, will protestieren, der ehemalige Journalist hat mit seinem "Radio Cafe" ein Restaurant, das gerade ein paar Schritte vom Marriott Hotel entfernt ist, wo Trump nächtigen wird. Eine seiner Protestmaßnahmen: Er verkauft T-Shirts mit der englischen Aufschrift "Donald in Polen sucht krampfhaft Liebe", dazu eine kindlich gezeichnete Trump-Karikatur. Schon fünf Amerikaner hätten heute das T-Shirt gekauft, sagt er mit stolzem Lächeln.

Im Prinzip aber ist Pruszynski Amerika dankbar. Das Land finanzierte ihm im Exil ein Studium in Schottland, in den 50er-Jahren arbeitete er für Radio Free Europe in München und agierte gegen den Kommunismus in seiner Heimat. Als Reporter für eine kanadische Zeitung begleitete er Senator Robert Kennedy und war 1968 Zeuge seiner Ermordung. Er sieht sich selbst eher den Demokraten zugeneigt, hat aber nichts Grundsätzliches gegen Republikaner.

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