Achtung, Falle: Trumps Premiere auf der Weltbühne

Muss heikle Auftritte absolvieren: Trump
Während seine Beziehungen zu Russland und deren mögliche Vertuschung seine Präsidentschaft zunehmend ins Wanken bringen, bricht Trump zu seiner ersten großen Auslandsreise auf.

Auf das Sendungsbewusstsein wird es ankommen bei dieser Reise – mehr als bei bisher jeder eines US-Präsidenten. Das Sendungsbewusstsein im sozialen Netzwerk Twitter. Welche digitalen Kurzbotschaften wird Donald Trump wieder loswerden müssen, bei seiner ohnehin heiklen Feuertaufe auf der Weltbühne?

Freitagabend stieg der US-Präsident auf der Andrews Airforce Base in Washington in die Airforce One, um so den Turbulenzen um FBI, Russland, Sonder-Ermittler und Amtsenthebungsgerüchte in Richtung Saudi-Arabien zu entfliehen. Vor dem Abflug aber war sein berüchtigtes digitales Mitteilungsbedürfnis die größte Sorge der außenpolitischen Berater im Weißen Haus.

Wird sich der zu Hause binnen vier Monaten auf rekordverdächtige 38 Prozent Zustimmung abgesunkene Unternehmer auf seinem neuntägigen Trip disziplinieren? Ist doch die Reise, die ihn von Riad nach Jerusalem, dann zum Papst in Rom, zur NATO in Brüssel und zum Treffen der sieben größten Wirtschaftsnationen (G 7) nach Sizilien führen soll, ohnehin politisch heikel genug. Oder wird der bald 71-Jährige mit spektakulären 140 Zeichen-Beiträgen – diesmal zwischen Klagemauer und Vatikan – seine Erdbebchen lostreten?

Erwartungen bei null

Weil die Erwartungen an Trump in der politischen Klasse Washingtons "nur wenig über null angesiedelt sind", so der altgediente Außenpolitik-Experte und hochrangige US-Diplomat Richard Haas, dürfe die erste große Auslandsreise des 45. Präsidenten schon dann als Erfolg verbucht werden, "wenn alles normal läuft". Aber was ist schon normal bei einem Mann, der die eigene Scholle höchstens mal verlässt, um auf einem seiner Golfplätze einzulochen? Und der es tunlichst vermeidet, sein Haupt nächtens in einer Immobilie betten zu müssen, an der nicht das Namensschild "Trump" prangt?

Neun Tage klingen da wie eine Ewigkeit. Zumal die FBI-Russland-Affäre eine Dynamik in Gang gesetzt hat, die Trumps noch blutjunge Präsidentschaft früher oder später aus der Kurve tragen könnte.

Trump reiseunlustig

Ob man das Reisepensum nicht halbieren könne, soll Trump seine engsten Berater darum erst kürzlich noch gefragt haben. Man konnte nicht. Das akribisch vorbereitete Ritual "Ausflug in die weite Welt" ist zu erfüllen. Auch Trump muss dem Volk daheim beweisen, dass er auf internationalem Parkett der Nation keine Schande macht. Allerdings ist die Premiere, die mit dem Islam, dem Judentum und der katholischen Kirche bewusst drei Welt-Religionen ansteuert, mit Fallstricken durchzogen, die ein chronisch impulsiver Trump, der sich daheim einer "Hexenjagd" von Medien und Justiz ausgesetzt fühlt, erst noch überspringen muss.

Zwei Beispiele: Beim großen Waffenbruder Saudi-Arabien, der just erst einen 100-Milliarden-Dollar-Deal mit den USA abgeschlossen hat, wird Trump eine Rede über den Islam halten. Das nahöstliche Auditorium, in dem der Iran und Syrien nicht erwünscht sind, wird den Beitrag gewiss mit Obamas Kairo-Rede von 2009 vergleichen. Geschrieben hat aber diesmal kein Vermittler mit Augenmaß. Sondern Stephen Miller; jener Trump-Berater, der maßgeblich den verkorksten Einreisestopp der Regierung für Bürger aus mehreren muslimischen Ländern zu verantworten hat.

Anfang nächster Woche wird Trump in der Jerusalemer Altstadt an die Klagemauer treten. Israelis wie Palästinenser, denen Trump mithilfe seines jüdischen Schwiegersohnes Jared Kushner einen "wundervollen Frieden" bescheren will, werden mit Argusaugen auf jedes Wort und jede Geste achten.

Kushner, der inzwischen auf Trumps außenpolitischen Kurs mehr Einfluss hat als der weitgehend kalt gestellte Außenminister Tillerson selbst, hat bekanntlich engste familiäre Kontakte zum israelischen Premier Netanyahu. Der aber will von einem tatsächlichen Frieden mit den Palästinensern nichts wissen. Fraglich, ob Trump diese diplomatische Gratwanderung gelingt.

Ähnlich heikel wird es sein, wenn der Mauer-Bauer Trump am Mittwoch im Vatikan auf den Brückenbauer Papst Franziskus treffen wird. Einen Mann, der Trumps Einwanderungspolitik einmal als "unchristlich" bezeichnete. Worauf Trump dem Heiligen Vater vorhielt, "beschämend" zu sein.

Improvisiert Trump bei diesen Highlights, verlässt er das Skript und driftet ab in Kritikerbeschimpfung, Selbstbeweihräucherung oder Nonsens-Sätze, steigt das Eklat-Potenzial. Die Nervosität, der Präsident könnte durch den wachsenden politischen Druck zu Hause seine ohnehin geringe Freude an politischer Korrektheit weiter reduzieren, steigt.

Viele Gastgeber haben den Launen und Vorlieben des übellaunigen Milliardärs darum bereits präventiv Rechnung getragen.

Die Saudis etwa halten Steak und Ketchup bereit, das uramerikanische Standard-Mahl des Fast-Food-Freunds, der schon im Wahlkampf regelmäßig beim Hamburger-Schlingen ertappt wurde.

Kurze Reden bitte!

Bei der NATO in Brüssel wurden die Redebeiträge pro Regierungschef auf 120 Sekunden limitiert. Komplizierte Schaubilder und umfangreiche Papiere – gestrichen. Nichts soll die kurze Aufmerksamkeitsspanne Trumps unnötig strapazieren. Und nichts soll ihn auf die Idee bringen, nach dem halbwegs überstandenen Gerangel über die Beiträge der Mitgliedsstaaten neue Forderungen aufzustellen. Man hat im Bündnis schon jetzt mit der Idee Trumps genug Probleme, die NATO stärker im Kampf gegen das Terror-Netzwerk IS in die Pflicht zu nehmen.

Ob Trump überhaupt dazukommt, der Welt anschaulich seine Visitenkarte ("Amerika zuerst") zu erklären, ist ungewiss. Die innenpolitischen Rangeleien könnten alles überlagern. Und dann kommt es sehr auf das Sendungsbewusstsein an – Twitter ist ja weltweit griffbereit.

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