Trauer und Angst nach Mandelas Tod

Einer seiner letzten öffentlichen Auftritte: Mandela bei der Schlussveranstaltung der Fußball-WM in Südafrika im Juli 2010
Südafrika steht nach dem Tod seiner Vaterfigur unter Schock: Voll Trauer und Angst bereitet man sich auf das Begräbnis am 15. Dezember vor.

Es sind die alten Lieder aus den Zeiten der Apartheid, die sie jetzt in der Vilakazi-Straße in Soweto anstimmen. Hier, in Südafrikas bekanntestem schwarzen Getto, hatte Nelson Mandela in den Fünfzigerjahren gewohnt, als er als Aktivist für den ANC in den Untergrund ging.

Tausende sind gekommen, um zu singen, zu tanzen und sich an den zu erinnern, den viele nur ihren Vater nennen. Den, das geben auch führende Politiker des Landes zu, habe man jetzt verloren, und das mache das Land „ein bisschen nervös.“ Kann Südafrika ohne seine große Vaterfigur seine ohnehin brüchige Einheit bewahren. Nicht umsonst verweist Präsident Jacob Zuma in seiner ersten Reaktion auf die Werte der nationalen Einheit, für die der „Vater der Nation“, gestanden sei. In einer von allen Sendern übertragenen Ansprache an die Nation pries er die Vision Mandelas von einem einigen, nicht-rassistischen, nicht-sexistischen, demokratischen und blühenden Südafrika. „Lasst uns zu seiner Vision stehen.“

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Trauer und Angst nach Mandelas Tod

Mandela
Trauer und Angst nach Mandelas Tod

REUTERSFormer President Nelson Mandela attends the sixth Annual Nelson Mandela lecture in Kliptown, in this July 12, 2008 file photo. The Nelson Mandela foundation sent out a statement on Wednesday saying former president Nelson Mandela is at Milpark Hosp
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ReutersA 1961 file photo of Nelson Mandela, leader of the African National Congress. REUTERS/Handout/Files (SOUTH AFRICA POLITICS)
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REUTERSFormer South African President Nelson Mandela meets with the family of the late Tsietsi Mashinini at the Nelson Mandela childrens fund office in Houghton-Johannesburg in this June 13, 2006 file photo. Mandela, affectionately known as "Tata" or gran
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The MTV pop channel is using its global reach, the sparkle of its stars and the moral authority of South Africas Nelson Mandela to send a message of AIDS awareness and tolerance to young people worldwide. Video footage from a Cape Town concert on Nov. 23
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Mandela
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Mandela

Seine größte Schwäche

Trauer und Angst nach Mandelas Tod
Karte Südafrika mit Sprachgruppen, Zahlen zu Bevölkerung und Wirtschaft; Kurzbiografie Mandela, Foto Grafik 0801-13-Suedafrika.ai, Format 134 x 144 mm
Auch Oppositionsführerin Helen Zille forderte ihre Landsleute auf, die Visionen Mandelas von Freiheit und Einigkeit umzusetzen. Ehrliche Sorge dagegen spricht aus den Worten seines Weggefährten Bischof Tutu, der es wagte, Mandelas große Schwäche anzusprechen: „Er war unerschütterlich loyal, auch zu jenen, die ihn zuletzt im Stich gelassen haben.“

Vorerst beschwören die meisten Südafrikaner Mandelas Ideal von der Regenbogennation. Zumindest die kommende Woche wird das Land im Zeichen dieses Ideals stehen. Am Dienstag beginnen die offiziellen Trauerfeierlichkeiten mit einem Trauergottesdienst in einem Stadion für 95.000 Zuschauer in einem Vorort von Johannesburg. Danach wird Mandelas Leichnam drei Tage lang in der Hauptstadt Pretoria öffentlich aufgebahrt liegen. Das Begräbnis findet schließlich am Sonntag, dem 15. Dezember, im kleinen Dorf Qunu in der östlichen Kapregion statt. Hier wuchs der in der Nähe geborene Mandela auf.

Mandela im Zitat

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FILE SOUTH AFRICA MANDELA HOSPITAL
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SOUTH AFRICA MANDELA OBIT
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A picture and a letter are placed in front of the
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A poster with messages is seen outside on Vilakazi
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A man holds candles in front of a mural of former
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File photo of African National Congress vice-presi
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USA BASKETBALL NBA MANDELA OBIT
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File photo of Nelson Mandela wearing a cap present
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File photo of South Africa's President Nelson Mand

Es wird nicht nur das größte Begräbnis das Südafrika je gesehen hat, sondern auch eine riesige logistische Herausforderung: Zehntausende Menschen müssen in die entlegene Region transportiert werden.

Noch bis in die Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts dauerte ein Flug von Europa nach Südafrika mit der South African Airways vier bis fünf Stunden länger als mit jeder anderen Fluglinie: Die Maschinen mussten den afrikanischen Kontinent umfliegen, weil ihnen die schwarzafrikanischen Staaten wegen der südafrikanischen Rassentrennungs-Politik den Überflug verboten.

Apartheid. Das System, dessen Überwindung Nelson Mandelas Lebensaufgabe wurde, hat Südafrika über Jahrzehnte geprägt. Schon 1893 wurde Mahatma Gandhi bei einem Besuch in Südafrika eines Eisenbahnwaggons erster Klasse verwiesen, weil der nur für Weiße reserviert war. So wie Parkbänke, Toiletten, Schalter und Restaurants.

Diese Alltags-Rassentrennung wurde mit der Entstehung des modernen Südafrika 1910 (Zusammenschluss der britischen Kolonialherren und der Holland-stämmigen Buren) systematisiert – höhere Berufe, der Kauf von Land außerhalb bestimmter Reservate blieb der schwarzen Bevölkerungsmehrheit verwehrt. Daran konnte auch die Gründung eines zornigen Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) nichts ändern.

Im Gegenteil: Die offen rassistische Nationalpartei verschärfte nach der Wahl 1948 aus Angst vor der „schwarzen Gefahr“ die Gangart. Gemischte Ehen und sexuelle Kontakte zwischen Menschen unterschiedlicher Rassen wurden verboten, die Einteilung der Bevölkerung in Weiße, Inder, Mestizen und Schwarze wurde offiziell. Weite Teile der Städte wurden frei von Schwarzen, die in riesige Townships abgesiedelt wurden; Farmer verloren ihr Land, das an Weiße ging.

Erst in den späten Siebzigerjahren begann der internationale Druck auf das südafrikanische Regime, die internationale Gemeinschaft verhängte immer schärfere Sanktionen. Die Regierung begann, die Rassengesetze nach und nach aufzuheben – das Ende der Apartheid begann aber erst mit dem Sieg Nelson Mandelas bei den Präsidentenwahlen 1994.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat den verstorbenen südafrikanischen Nationalheld Nelson Mandela als "Giganten der Gerechtigkeit" gewürdigt. Der Ex-Präsident sei eine "Quelle der Inspiration" für die ganze Welt gewesen, erklärte Ban am Donnerstag in New York. "Wir müssen uns von seiner Weisheit, seiner Entschlossenheit und seinem Engagement inspirieren lassen, um die Welt zu verbessern."

Er sei zutiefst traurig über Mandelas Tod, fügt Ban hinzu. "Nelson Mandela hat uns gezeigt, was für unsere Welt und für jeden einzelnen von uns möglich ist - wenn wir zusammen an Gerechtigkeit und Menschlichkeit glauben, davon träumen und uns dafür einsetzen."

US-Präsident Barack Obama wandte sich mit einer Rede an die Menschen, um Mandela zu würdigen: "Er gehört nun nicht mehr uns, er gehört der Ewigkeit", so Obama. Mandela habe mehr erreicht, als man von irgendeinem Mann erwarten könne, "wir verlieren einen der einflussreichsten, mutigsten und zutiefst guten Menschen".

Der britische Premierminister David Cameron erklärte auf dem Online-Kurzmitteilungsdienst Twitter, dass "ein großes Licht in der Welt erloschen" sei. "Nelson Mandela war ein Held unserer Zeit", schrieb Cameron. Die Flaggen vor der Residenz des Premierminister in der Downing Street Nr. 10 würden auf Halbmast gesetzt.

Bundespräsident Heinz Fischer hat den verstorbenen südafrikanischen Nationalhelden als "Lichtgestalt der Menschlichkeit, der Weisheit und Toleranz" gewürdigt. Südafrika verdanke seinen weitgehend friedlichen Weg in das 21. Jahrhundert "in erster Linie der Klugheit und Glaubwürdigkeit von Nelson Mandela", teilte Fischer am Freitag in einer Aussendung mit.

Für Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger reißt der Tod Mandelas "eine tiefe Lücke." Nelson Mandela hat mit seinem unerschrockenem Eintreten für Gleichberechtigung und Selbstbestimmung Generationen inspiriert und Mut gegeben, erklärte Spindelegger gegenüber der APA. "Die Welt verliert mit Mandela eine der charismatischen und beeindruckendsten Persönlichkeiten der letzten Jahrzehnten, die bereits zu Lebzeiten zur Legende wurde", so der Vizekanzler.

Auch im Netz nahmen die Menschen großen Anteil:

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