Tillerson in Moskau: "Wenig Vertrauen"

links Rex Tillerson, der gibt Sergej Lawrow die Hand, beide in Anzug und Krawatte
Der US-Außenminister sagte bei seinem Moskau-Besuch: "Die beiden größten Atommächte können nicht so eine Beziehung haben"

Trotz des Besuches von US-Außenminister Rex Tillerson in Moskau sind die Fronten zwischen den USA und Russland wegen des Syrien-Konflikts verhärtet. Der mutmaßliche Einsatz von Chemiewaffen in Syrien sei ein Thema, bei dem sich die Positionen Russlands und der USA unterscheiden, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch in Moskau bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Es bestehe "wenig Vertrauen" zwischen den USA und Russland, sagte Tillerson am Mittwoch nach einem Treffen mit Lawrow und Präsident Wladimir Putin. "Die beiden größten Atommächte können nicht so eine Beziehung haben", fügte der US-Außenminister hinzu.

Rund 50 Giftangriffe gezählt

Tillerson sagte, die USA seien überzeugt, dass die syrische Regierung rund 50 Mal Chemiewaffen eingesetzt habe. Zugleich betonten beide Seiten nach mehrstündigen Gesprächen - auch mit Präsident Wladimir Putin - ihre Bereitschaft zu einer Normalisierung der Beziehungen.

Es war der erste Besuch eines US-Regierungsmitglieds seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump. Die Reise wurde vom mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien und dem US-Angriff auf eine syrische Militärbasis vergangene Woche überschattet.

Lawrow betonte, Russland und die USA seien sich einig, den Giftgaseinsatz von unabhängiger Seite untersuchen zu lassen. Es müsse Klarheit darüber hergestellt werden, wer dafür verantwortlich sei.

USA fordern Ende für Assad-Regime

Auch im Streit um die Rolle des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad wurde die Kluft zwischen Moskau und Washington sichtbar. Russland ist einer der engsten Verbündeten Assads.

"Unsere Sicht ist klar, dass die Herrschaft der Assad-Familie zu Ende geht", betonte Tillerson. Russland als enger Verbündeter Syriens habe eine besondere Rolle darin, dies der Assad-Familie klarzumachen.

Lawrow erteilte dem eine klare Absage: "Experimente solcher Art, die irgendeinen Diktator, totalitären oder autokratischen Führer stürzen wollen, kennen wir schon. An positive Beispiele, bei denen ein Diktator gestürzt wurde und alles wie am Schnürchen lief, kann ich mich nicht erinnern", meinte er.

Russland blockiert erneut Syrien-Resolution

Russland hat bereits zum achten Mal seit Beginn des Bürgerkriegs mit einem Veto eine Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat verhindert. Zehn Mitglieder des Gremiums stimmten am Mittwoch in New York für den inzwischen vierten Entwurf einer Resolution zum mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien. Zwei Mitglieder stimmten dagegen, darunter Russland, dessen Veto die Verabschiedung des Papiers blockierte.

China enthielt sich, ebenso wie zwei andere Mitgliedsländer. Der von Großbritannien, Frankreich und den USA vorgelegte Entwurf hätte die mutmaßliche Attacke auf das Schärfste verurteilt und die syrische Regierung verpflichtet, internationalen Ermittlern Zugang zu gewähren. Schon vergangene Woche waren mehrere Anläufe, auf den vermuteten Gasangriff mit einer Resolutionen zu reagieren, in dem höchsten UN-Gremium gescheitert.

Tiefpunkt

Die Beziehungen zwischen Russland und den USA sind nach Darstellung Moskaus auf einem Tiefpunkt seit dem Ende des Kalten Krieges. Seit Trumps Amtsantritt habe sich das Verhältnis zwischen Moskau und Washington nach den Worten von Kremlchef Putin drastisch verschlechtert. "Man kann sagen, dass das Vertrauensniveau auf Arbeitsebene nicht besser geworden ist, sondern eher schlechter, vor allem auf militärischer Ebene", sagte Putin dem Fernsehsender Mir.

"Bei allen Problemen, das ist mein persönlicher Eindruck, gibt es nicht wenige Perspektiven zum Dialog", sagte Lawrow. Es gebe viele Probleme, räumte der Minister ein. "Wir sind Realisten, wir verstehen, dass ernsthafte Anstrengungen für eine Überwindung dieser Barrieren nötig sind", sagte Lawrow.

Demonstrativ hat Moskau für diesen Freitag ein Außenministertreffen mit seinen Verbündeten Syrien und dem Iran einberufen. Und schon an diesem Donnerstag will sich Lawrow mit seinem syrischen Kollegen beraten. Nach Tillerson wird am 24. April die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini zu Gesprächen über den Syrien-Konflikt in Moskau erwartet. Die Italienerin reist zum ersten Mal seit Amtsantritt Ende 2014 in die russische Hauptstadt. Bisher war sie wegen des Streits mit Moskau über den Ukraine-Konflikt nicht dort gewesen.

Putin: Beziehungen seit Wahl Trumps schlechter

Nach der Wahl Trumps hatte Putin die Hoffnung auf eine Verbesserung in den bilateralen Beziehungen geäußert. Trump steht innenpolitisch massiv wegen Russland-Kontakten seiner Vertrauten unter Druck und ist bemüht, auf Distanz zu Putin zu gehen. Nach US-Geheimdiensterkenntnissen hatte Putin die Kampagne vor der US-Präsidentenwahl beeinflusst, um Trump zum Sieg zu verhelfen.

Russland ist massiv verärgert über den jüngsten US-Luftangriff auf eine syrische Luftwaffenbasis, auf der auch russische Soldaten stationiert waren. Washington übte damit Vergeltung für einen angeblichen Giftgaseinsatz durch das syrische Regime.

Tillerson in Moskau: "Wenig Vertrauen"
A crater is seen at the site of an airstrike, after what rescue workers described as a suspected gas attack in the town of Khan Sheikhoun in rebel-held Idlib, Syria April 4, 2017. REUTERS/Ammar Abdullah
Zuvor sorgte Trump-Sprecher Sean Spicer im Presseraum des Weißen Hauses für Stirnrunzeln und irritierte Blicke unter den Journalisten. Um klarzumachen, warum Russland endlich die Unterstützung für den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad einstellen müsse, bemüht Spicer einen Vergleich zur Nazi-Zeit. Er sagt, nicht einmal eine so verabscheuungswürdige Person wie Adolf Hitler sei so tief gesunken, Chemiewaffen einzusetzen. Es ist ein Satz, der suggeriert, Assad sei schlimmer als der Diktator, weil er Giftgas gegen das eigene Volk eingesetzt habe.Mehr über die Patzer des Trump-Sprechers lesen Sie hier.

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