IS-Terrormiliz bekennt sich zu Anschlag in Tunis

Zwei spanische Touristen hatten in einem Versteck überlebt - sie wurden erst heute gefunden.

Am Mittwoch hat der Terror das Geburtsland des Arabischen Frühlings mit bisher ungeahnter Brutalität getroffen. Die Attentäter wollten das Parlament in Tunis stürmen, wurden von Sicherheitskräften daran gehindert und eröffneten das Feuer. Daraufhin liefen sie ins Nebengebäude, das Bardo-Nationalmuseum, in dem sich Hunderte Touristen befanden und nahmen Dutzende als Geiseln, bevor die Polizei das Gebäude stürmte.

Die Bilanz ist blutig, die Opferzahlen immer noch nicht ganz klar. Der tunesischen Regierung zufolge waren 20 der 25 Todesopfer Touristen. Auch zwei Attentäter starben. Am Tag nach dem Anschlag sind zudem neun Verdächtige festgenommen worden. Vier von ihnen stehen laut Regierung "in direkter Verbindung" mit dem Attentat im Museum, fünf weitere würden verdächtigt, mit der verantwortlichen "Zelle" in Verbindung zu sein.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat sich am Donnerstag zu dem Anschlag bekannt. Die Extremisten veröffentlichten dazu im Internet eine Audio- und Textbotschaft.

Die Tunesier stellen nach Schätzungen die größte Gruppe unter den ausländischen Kämpfern in den Konflikten in Syrien und im Irak. Rund 1500 bis 3000 Tunesier sollen sich dort extremistischen Gruppen wie der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeschlossen haben.

Spanier überlebten in Versteck

Die Herkunft der Opfer ist weiter nicht eindeutig geklärt. Am Donnerstag erklärte das Außenministerium in London, auch eine Britin sei unter den Todesopfern. Nach Angaben der Regierungen in Rom, Tokio und Warschau vom Donnerstag starben zudem vier Italiener, drei Japaner und zwei Polen. Tunesischen Angaben zufolge kamen außerdem Urlauber aus Frankreich, Spanien, Kolumbien, Australien sowie drei Tunesier ums Leben.

Zwei Touristen überlebten das Attentat in einem Versteck, in dem sie stundenlang ausharrten. Die beiden Urlauber wurden erst Donnerstag früh in dem Museum in der tunesischen Hauptstadt gefunden, nachdem sie dort von einem Mitarbeiter des Museums versteckt worden waren, wie ein Vertreter des Zivilschutzes der Nachrichtenagentur AFP sagte. Sie alle wurden für eine Routineuntersuchung ins Krankenhaus gebracht.

Premier Essid richtete Stunden nach dem Terroranschlag einen Appell an die Öffentlichkeit. In diesem „entscheidenden Moment“ für die Zukunft Tunesiens müsse das Land geeint bleiben und dem Terrorismus entgegentreten. Man werde einen "gnadenlosen" Kampf gegen den Terror führen - "bis zum letzten Atemzug".

IS-Terrormiliz bekennt sich zu Anschlag in Tunis

Touristenattraktion

Das Blutbad in der Hauptstadt ist der schlimmste Terroranschlag seit der Attacke auf die historische Ghriba-Synagoge in der Urlaubsdestination Djerba im Jahr 2002. Damals kamen 18 Menschen ums Leben, davon 16 ausländische Touristen. Auch diesmal war eine der kulturellen Hauptattraktionen des Landes betroffen. Das Bardo-Nationalmuseum und das Parlament befinden sich in einem Gebäudekomplex aus dem 19. Jahrhundert – neben der Medina die wichtigste Sehenswürdigkeit in Tunis. Das Museum, das sich im ehemaligen Harem des Bardo-Palastes befindet, ist neben dem ägyptischen Museum in Kairo das wichtigste Museum Nordafrikas.

Für Tunesiens Tourismus ist der Terroranschlag verheerend. Gerade hatte in diesem wichtigsten Wirtschaftszweig des Landes eine erste Erholung nach der Revolution 2011 eingesetzt. Die neue westlich orientierte Expertenregierung versucht daher vor allem Stabilität zu garantieren. „Die Attentäter wollten unsere Wirtschaft und den Tourismus treffen“, machte Premier Essid nach dem Anschlag seine größte Sorge deutlich – und versuchte zu beruhigen: „Wir haben sofort alle Maßnahmen getroffen, um unsere Urlaubsziele und Gäste zu sichern.“

Nach dem Anschlag in der tunesischen Haupstadt Tunis, bei dem auch mindestens 20 Touristen getötet wurden, wollen die österreichischen Reisebüros vorerst die weitere Entwicklung abwarten. Österreichs größte Reisebürokette Ruefa werde die Lage in den nächsten Tagen beobachten, sagte Sprecherin Birgit Reitbauer heute zur APA. Von TUI hieß es, es sei zu früh, um die Auswirkungen abschätzen zu können.

Auch für die Osterreisewelle sei es für Umbuchungen oder Stornierungen noch zu früh, hieß es. Wie die Reiseunternehmen reagieren, hänge auch davon ab, ob die Außenministerien in Österreich und Deutschland ihre partiellen Reisewarnungen ausweiteten, erklärten sowohl TUI als auch Ruefa.

Mit Ruefa sind derzeit 20 Österreicher in Tunesien, mit dem Reisekonzern TUI sind es 100, davon aber niemand in Tunis. Die Tagesausflüge in die Hauptstadt seien vorerst abgesagt worden, so TUI-Sprecherin Kathrin Limpel. Es gebe zwar Verunsicherung, die Anfragen würden sich derzeit aber in Grenzen halten. Die meisten Tunesien-Reisenden verbringen ihren Urlaub in Club-Hotels auf der Insel Djerba oder in Hammamet. Die Hauptsaison dafür startet erst ab Mai. Bei Ruefa machen Tunesien-Urlaube weniger als 2 Prozent des Sommerumsatzes aus, Türkei, Griechenland und Spanien seien deutlich beliebter.

Das italienische Kreuzfahrtunternehmen Costa Crociere legt mit seinen Schiffen vorübergehend nicht mehr in Tunis an. Demnach wurden zunächst drei geplante Landausflüge abgesagt.

Von dem Anschlag sind auch Costa-Passagiere betroffen. Wie das Unternehmen weiter mitteilte, kehrten 13 Passagiere nicht wie geplant auf das Schiff Costa Fascinosa zurück, ehe dieses in der Nacht zum Donnerstag den Hafen von Tunis wieder verließ. Wie viele davon möglicherweise unter den Todesopfern oder unter den mehr als 40 Verletzten waren, blieb allerdings zunächst unklar.

Tunesien gehört traditionell zu den beliebten Sommerdestinationen der Österreicher. Im Vorjahr etwa besuchten 38.000 das Land, bevorzugt werden die bekannten Urlaubsorte am Mittelmeer wie Hamamed, Djerba und Monastir. Insgesamt verzeichnete das Land im Vorjahr etwa sechs Millionen Übernachtungen. Die meisten Gäste kommen aus Deutschland und Frankreich.

Doch die „Jasminrevolution“ zu Jahresbeginn 2011, der Sturz des Diktator Ben Ali und die Machtübernahme durch eine gemäßigte islamische Regierung haben dem Tourismus schwer geschadet. Obwohl die Nächtigungszahlen wieder steigen, leidet das Land weiter unter der Krise seines wichtigsten Wirtschaftszweiges. Inzwischen versucht man, das langjährige Image als vor allem kostengünstige Badedestination etwas zu ändern und präsentiert sich auch als Ziel für Kultur- oder Natur-interessierte ausländische Gäste.

Kommentare