Terror gegen Europa: EU hat Verwundbarkeit reduziert

Gilles de Kerchove
Der EU-Anti-Terrorismus-Koordinator Gilles de Kerchove hält die Terrorsimusgefahr in zehn bis 15 Mitgliedsstaaten für ernst.

Auch wenn die Terrorbedrohung vielerorts in Europa "ernst" bleibe, solle man deswegen nicht überreagieren, denn "wir haben unsere Verwundbarkeit in den vergangenen zwei Jahren signifikant reduziert". Das betonte der EU-Anti-Terrorismus-Koordinator Gilles de Kerchove am Montag am Rande des Forums Alpbach im Gespräch mit der APA.

Natürlich gebe es keine "100-prozentige Sicherheit", aber viele Anschläge hätten verhindert werden können, und vieles sei auf europäischer Ebene verbessert worden.

Nach Aussagen von de Kerchove bleibt das Bedrohungsniveau in zehn bis 15 Mitgliedsstaaten "ernst", wobei er auch einen gewissen Zusammenhang zum "Kollaps des (IS-) 'Kalifats' in Syrien und im Irak" sieht. "Das ist keine Vergeltungsmaßnahme. Es ist ein Langzeit-Projekt, den Westen zu treffen und speziell Europa, aber natürlich ruft die Propaganda zu mehr kleineren Anschlägen durch nicht aktenkundige Akteure auf, weil es für die Organisation sehr viel schwieriger ist, Leute von dort zu schicken, denn nun ist die Grenze zur Türkei komplett geschlossen."

In den vergangenen Monaten habe man mehr und mehr Anschläge durch Einzeltäter mit Autos, Messern und Äxten gesehen. "Gleichzeitig erinnert uns die Attacke in Barcelona daran, dass wir komplexere Attacken durch strukturierte Organisationen, durch Zellen nicht außer Betracht lassen dürfen."

De Kerchove nannte zwei Gründe, warum er dennoch "optimistisch" gestimmt sei. Bis vor kurzem sei die Rolle der Europäischen Union noch so beschrieben worden, dass diese "in Unterstützung der Mitgliedsstaaten" agiere, "denn die Verträge besagen, dass die Mitgliedsstaaten die Hauptverantwortlichen für innere Sicherheit und die Alleinverantwortlichen für die nationale Sicherheit, also den Bereich Nachrichtendienste, sind. Wir sagten also, wir sind nur hier, um den Mitgliedsstaaten dabei zu helfen, effektiver zu sein."

Laut Eurobarometer und anderen Erhebungen würden jedoch 82 Prozent der Bürger im Bereich Sicherheit gerne "mehr Europa" sehen. Dementsprechend habe EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker das Konzept einer Sicherheitsunion präsentiert und mit Julian King einen eigenen Kommissar für diesen Bereich ernannt, und Ratspräsident Donald Tusk habe Sicherheit an die Spitze der Diskussion der 27 für die Zeit nach dem Brexit gesetzt, "denn es gibt einen breiten Konsens, dass wir mehr zusammenarbeiten wollen. Und das ist mein erster Grund, optimistisch zu sein."

Der zweite sei eben der "Kollaps des 'Kalifats', der eine gute Neuigkeit ist". Man müsse sich jedoch im Klaren sein, dass die Ideologie immer noch existiere und sich die Organisation wandeln könnte. Für manche Experten denkbar sei beispielsweise eine Vereinigung des "Islamischen Staates" (IS) mit Al-Kaida. "Lassen Sie uns also wachsam sein."

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