Terror auf Philippinen: Duterte ruft Kriegsrecht aus

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Auf der zweitgrößten Insel der Philippinen terrorisieren Rebellen unter IS-Flagge eine Stadt.

Auf der Ladefläche ist kaum noch Platz. Mehr als ein Dutzend Leute haben sich hinten auf den Transporter gezwängt, vor allem Frauen und Kinder. Eine junge Mutter hat ihr Baby auf dem Schoß. Alle wollen sie hinaus aus Marawi, einer Stadt mit mehr als 200.000 Einwohnern auf Mindanao, der zweitgrößten Insel der Philippinen. Einer Stadt, die seit Tagen von islamistischen Rebellen terrorisiert wird. Der Präsident des Inselstaates, Rodrigo Duterte, hat deshalb sogar das Kriegsrecht ausgerufen.

Wie das Dutzend Leute auf der Ladefläche sind Tausende auf der Flucht. Auf der Straße in die nächst größere Stadt hat sich ein langer Stau gebildet. Es sind Bilder, wie man sie aus anderen Krisengebieten kennt, wo Islamisten das Sagen haben. Aber nicht von den Philippinen, Asiens einzigem Land mit mehrheitlich christlicher Bevölkerung. Vize-Gouverneur Mamintal Adiong spricht von einem "Massen-Exodus".

Für die Panik gibt es durchaus Grund. In Marawi spielen sich schlimme Szenen ab. Etwa 100 bewaffnete Rebellen brannten Häuser nieder, darunter zwei Schulen und eine Kirche. Dort nahmen sie den Pfarrer und mehrere Kirchgänger als Geiseln. Der örtliche Polizeichef wurde enthauptet. Dann zogen die Islamisten mit Fahnen der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) durch die Straßen. Wie die aktuelle Lage ist, lässt sich nur vermuten.

Auslöser der Krise war der Versuch von Regierungstruppen, ein prominentes Mitglied der islamistischen Terrorgruppe Abu Sayyaf festzunehmen: Isnilon Hapilon, einen der meistgesuchten Terroristen der Welt, der sich in Marawi versteckt halten soll. Der Name des 51-Jährigen steht auch auf der Fahndungsliste des FBI. Auf seine Ergreifung sind bis zu fünf Millionen US-Dollar (4,47 Mio. Euro) Belohnung ausgesetzt.

Doch der Versuch schlug fehl. Die Rebellen riefen Verstärkung herbei. Bei Feuergefechten mit Regierungstruppen gab es seit Dienstag mehr als 20 Tote. Am Donnerstag warf die Luftwaffe über der Stadt auch Bomben ab. Duterte drohte den Aufständischen damit, ihren Vormarsch mit äußerster Härte niederschlagen zu lassen. "Wenn das den Tod von vielen Leuten bedeuten sollte, dann sei es so." Er begründete dies auch mit dem Kampf gegen den IS, dessen Fußspuren "überall" seien.

Das Kriegsrecht auf Mindanao, einer Insel mit mehr als 20 Millionen Bewohnern, ist nun zunächst einmal 60 Tage in Kraft, bis in den Juli. Der 72-jährige Präsident - selbst von Mindanao - deutete aber bereits an, dass es auf ein Jahr verlängert werden könnte. Zudem drohte Duterte damit, das Kriegsrecht auf das gesamte Land auszuweiten.

Das weckt böse Erinnerungen an den früheren Diktator Ferdinand Marcos (1917-1989), der auf diese Weise über Jahre hinweg seine Macht gefestigt hatte. Damals wurden Tausende Marcos-Gegner willkürlich getötet. Zehntausende wurden inhaftiert und gefoltert. Duterte sagte dazu: "Kriegsrecht ist Kriegsrecht. Es wird keinen Unterschied zu dem geben, was Präsident Marcos gemacht hat. Ich werde brutal sein."

Wer weiß, wie er gegen die Drogenszene des Landes vorgeht, ahnt, was das bedeuten kann. Seit seinem Amtsantritt vor elf Monaten gab es schon mehrere tausend Tote. International gibt es daran viel Kritik. Trotz der schlimmen Bilder aus Marawi löste seine Worte deshalb einige Sorge aus. "Wir sind eine Nation, die die Monstrositäten des Kriegsrechts kennt", sagte die Generalsekretärin der Menschenrechtsorganisation Karapatan, Christina Palabay.

Dass Duterte das Kriegsrecht verhängen darf, stellt auf den Philippinen niemand infrage. Allerdings gibt es Zweifel an der Begründung - zumal das Militär behauptete, die Lage unter Kontrolle zu haben.

"Wir haben keinen IS auf den Philippinen", sagte Militärsprecher Edgard Arevalo. Und der Sprecher der nationalen Polizei, Dionardo Carlos, verwies darauf, dass es sich bei den Rebellen in Marawi lediglich um eine "lokale Terrorgruppe" handle. "Es gibt hier keinen IS. Sie werden vom IS nicht einmal anerkannt." Duterte hatte dagegen am Dienstagabend bei seinem Moskau-Besuch Russland um moderne Waffen gebeten, weil sein Land nicht für den Kampf gegen den IS gerüstet sei.

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