Syrien: Situation "beruhigt" Beobachter

Chef der Beobachter-Mission findet die Lage in Homs "beruhigend". Assad erlässt Amnestie für 755 Häftlinge. Menschenrechtler werfen ihm Täuschung vor.

Der Leiter der Delegation der Arabischen Liga, der sudanesische General Mustafa al-Dabi, hat heute mit einer Aussage aufhorchen lassen: Der umstrittene Missionschef bezeichnete die Situation in der heftig umstrittenen Protesthochburg Homs als "reassuring" - was übersetzt so viel wie "beruhigend" bedeutet. Er sagte gegenüber Reuters aber, es gebe auch Orte in der Stadt, an der es "nicht gut" gewesen seien.

Der Besuch der Delegation hatte am Dienstag für eine Feuerpause der Sicherheitskräfte und den Abzug von elf Panzern aus Homs gesorgt. 70.000 Menschen gingen daraufhin erneut auf die Straße, um gegen Assad und das Regime zu demonstrieren. Berichten zufolge wurden sechs Menschen erschossen, die versucht haben sollen von der Menschenmenge aus al-Dabis Delegation zu erreichen, um über die Geschehnisse in Homs vorzusprechen, berichtet BBC.

Assad: 755 Häftlinge werden freigelassen

Indes hat der syrische Präsident Bashar al-Assad eine Amnestie für insgesamt 755 Häftlinge verfügt, an deren Hände "kein syrisches Blut klebt". Das meldete am Mittwoch das Staatsfernsehen in Damaskus. Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden seit Beginn der Unruhen vor neun Monaten mehr als 10.000 Gegner der Diktatur verhaftet.

Menschenrechtsorganisationen warfen dem Regime ebenfalls am Mittwoch vor, die Beobachter der Arabischen Liga zu täuschen. Nach Angaben von Human Rights Watch (HRW) soll die Regierung in Damaskus politische Gefangene zu Hunderten aus Haftanstalten in militärische Einrichtungen gebracht haben, zu denen die Experten der Beobachtermission keinen Zugang hätten.

Hunderte Gefangene "umquartiert"

Syrien: Situation "beruhigt" Beobachter
Die syrischen Sicherheitskräfte gehen seit Monaten massiv gegen Demonstranten vor - laut UNO starben bereits mehr als 5.000 Menschen.

Ein syrischer Sicherheitsoffizier schätzte die Zahl der umquartierten Gefangenen gegenüber Human Rights Watch auf mindestens 400 bis 600. Lange hatte sich das syrische Regime gegen die Beobachtermission gesträubt. Kurz nach der Zustimmung aber habe der Offizier die Anordnung zu einem irregulären Transfer der "wichtigen Gefangenen" erhalten. Ein Gefangener berichtete der Organisation, es seien keine einfachen Kriminellen weggebracht worden, "sondern Menschen, die mit Journalisten zusammengearbeitet haben, Überläufer oder solche, die bei den Protesten mitgemacht haben."

Die Organisation berichtete auch, syrische Soldaten würden sich als Polizisten verkleiden. "Soldaten Polizeiuniformen anzuziehen, das erfüllt nicht die Forderung der Arabischen Liga, das Militär aus den Städten abzuziehen", sagte die Nahost-Beauftragte von Human Rights Watch, Sarah Leah Whitson. HRW sei im Besitz von Dokumenten, die belegten, dass Personal vom Verteidigungs- zum Innenministerium verlegt worden sei. "Die Arabische Liga muss die Täuschung der syrischen Regierung umgehen, indem sie darauf drängt, den vollen Zugang zu allen Einrichtungen zu bekommen, in denen Gefangenen gehalten werden", forderte Whitson.

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